Eine Artistin, die sich in einer großartigen, poetischen Szenerie alleine von Papier tragen lässt, drei skurrile Vögel, die in einer holzverarbeitenden Werkstatt eine verrückte Sägemehl-Sinfonie entfachen, zwei komödiantische Altmeister, die sich an den im Schuppen gefundenen Utensilien und Alltagsgegenständen abarbeiten und mit minimalsten Mitteln für höchste Verblüffung sorgen: Das Spektrum der Beiträge, die in diesem Jahr beim ATOLL-Festival für zeitgenössischen Zirkus gezeigt werden ist so immens und vielgestaltig, wie das junge Genre selbst. Mal verbündet es sich mit dem Tanz, mal mit komödiantischer Clownerie, mal ist es ganz visuell, mal ganz körperlich, mal zeitlos individuell, mal gesellschaftspolitisch brisant, immer aber ist es intensiv, führt risikobereit an Grenzen und ist meist ohne Alters- und Sprachbarrieren universal verständlich. So wie das Stück "Yé!" des Circus Baobab (21. und 22. September), einer der ganz großen Circusformationen Afrikas, die voll Temperament, tänzerischem Ausdruck und artistischer Virtuosität dazu aufruft, gemeinsam Verantwortung für die Welt von morgen zu übernehmen und sie in Einklang mit der Natur zukunftsfähig zu gestalten.
Mit rund 100 KünstlerInnen aus zwölf verschiedenen Nationen feiert das ATOLL Festival für zeitgenössischen Zirkus vom 15. bis 25. September 2022 seine siebte Ausgabe. Der Austausch zwischen den Generationen, die Sorge um Ressourcen und das Verhältnis von Menschen zu Objekt sind Hauptthemen der 20 Kompagnien und Künstlerkollektive des diesjährigen Festivals, das mehr als vier Dutzend Vorstellungen in Sälen, Zelten und im Freien bietet. Auch 2022 zeigt ATOLL die gesamte Bandbreite der aktuellen Zirkuskunst auf, die von intimen zirzensischen Momenten bis zu aufwändigen Großproduktionen reicht. Neben weltweit bekannten Akteuren wie Circus Ronaldo, Circus Baobab und Atelier Lefeuvre & André mit ihren aktuellen Stücken präsentiert ATOLL wieder zahlreiche junge Formationen, die die Kreativität der aufstrebenden Zirkusszene dokumentieren.
Seit 2016 ist das ATOLL Festival ein Highlight im Jahreskalender des Kulturzentrums TOLLHAUS. Selbst in den vergangenen beiden Corona-Jahren konnte es beim Publikum für große Begeisterung sorgen. Die wenigsten BesucherInnen beschränken sich mit einem einmaligen Besuch, zu verlockend ist das vielfältige, aber durchweg hochkarätige Angebot. Deshalb gibt es für "WiederholungstäterInnen" auch diverse Angebote vom Tageskombiticket über die Wochen- bis zu den Dauerpässen. Viele der Vorstellungen sind erstmals in Deutschland zu sehen, kein Wunder, ist ATOLL doch immer noch eines der ganz wenigen reinen Zirkusfestivals in Deutschland. In kürzester Zeit hat es sich europaweit einen wohlklingenden Namen geschaffen und erwartet regelmäßig auch ein zahlreiches Fachpublikum. Für Karlsruhe jedenfalls ist dieses ATOLL ohne Frage ein Aushängeschild und für die KarlsruherInnen ein Juwel, das bislang keine andere Stadt in Deutschland in dieser Fülle und Dichte zu bieten hat. Zu den acht Spielorten, darunter zwei Zelten im Otto-Dullenkopf-Park und beim Tollhaus zählt in diesem Jahr auch das ZKM, wo am 22. und 23. September die Compagnie des Belgiers Alexander Vantournhout in der speziell für diese denkmalgeschützten Räume konzipierten Show "Screws" nach dem kreativen, kinetischen Potenzial physischer Grenzen und den Beziehungen und Grenzen zwischen Performer und Objekt sucht.
Infos und Tickets:
atoll-festival.de
Fotos:
oben links: JonaHarnischmacher
oben rechts: Sawdust Symphony_Foto: Jona Harnischmacher
unten: Winter_Mylaika Foto: Guido Mencari