Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 10.2015
Musik Klassik

 

ZeitGenuss

Zum dritten Mal findet im Oktober mit „ZeitGenuss“ das Karlsruher Festival für Musik unserer Zeit statt. Beflügelt vom großen Erfolg der Europäischen Kulturtage 2012, die sich dem Karlsruher Komponisten Wolfgang Rihm widmeten, hatte die Stadt gemeinsam mit der Musikhochschule ein Festival ins Leben gerufen, um der zeitgenössischen Musik auch zukünftig ein markantes Podium zu bieten.

In diesem Jahr steht der Komponist Helmut Lachenmann im Mittelpunkt. Achim Heidenreich, der ZeitGenuss zum dritten Mal künstlerisch leitet, hatte diesen bereits zu dessen 70. und 75. Geburtstag nach Karlsruhe gebracht und ist stolz, dass sich Lachenmann, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, diesmal eine ganze Woche Zeit genommen hat, um mit Studierenden im Meisterkurs seine Musik einzustudieren, sich dem Gespräch zu stellen, den Aufführungen seiner Musik beizuwohnen und auch selbst als Pianist wie auch als Sprecher mitzuwirken. „Während Wolfgang Rihm sich in seiner Klanglichkeit kompromisslos zeigt, dabei für die Musiker aber konventionell spielbare Techniken einsetzt, hat Helmut Lachenmann die Spieltechniken der traditionellen Instrumente vervielfacht“, beschreibt Achim Heidenreich die Bedeutung Lachenmanns. „Er klopft jedes Instrument auf neue Spieltechniken ab und ist damit Vertreter der europäischen Aufklärung und der Nachkriegsgeneration, dem die Schönheitsverweigerung von Gewohnheiten zum politischen Programm wurde. In unserer Zeit der Postmoderne hat diese Musik einen immensen Erlebnischarakter, weil sie in der Begegnung mit dem Neuen, dem Unbekannten und dem Fremden neu zu hören und zu spielen lehrt.“

Mit dem CampusOne um das Schloss Gottesaue verfügt ZeitGenuss über ein würdiges Festspielgelände zwar ohne Hügel, aber mit grüner Wiese, wie Achim Heidenreich betont. Wichtiger aber ist das enorme Potential, das Karlsruhe als Standort zu bieten hat. „Wir haben hier tolle Querdenker, hervorragende Instrumentalisten, wunderbare Ensembles, bedeutende Komponisten und eine großartige Musikhochschule.“ So ist ZeitGenuss bei allem Anspruch, mit internationalen Gästen und Beiträgen zumindest bundesweit zu renommieren, doch ein Festival mit starker Bodenhaftung. Die meisten der rund 20 Veranstaltungen werden von Studierenden und Ensembles aus Karlsruhe bestritten, die auch eine ganze Reihe an Werken von in Karlsruhe lebenden Komponisten auf die Bühne bringen. So ist am 26. um 17.30 Uhr dem vor allem durch seine Opern bereits vielbeachteten Anno Schreier ein Porträtkonzert gewidmet, das seine Lieder in den Mittelpunkt stellt. Am selben Abend folgt dann ein Ausflug in die zeitgenössische Musik Ostasiens. Zum 70. Geburtstag des Japaners Toshio Hosokawa und dem 60. seiner koreanischen Kollegin Youngi Pagh-Paan führt ZeitGenuss die in den Vorjahren begonnene asiatische Linie fort. Ein neues, als Kompositionsauftrag der Stadt Karlsruhe entstandenes Werk von Youngi Pagh-Paan bietet eine von insgesamt elf Uraufführungen, die bei ZeitGenuss in diesem Jahr zu erleben sind. Daneben sei es ebenso wichtig mit Wiederaufführungen jüngster Werke ein Repertoire der Musik unserer Tage zu schaffen, sagt Heidenreich, der auch einen Blick auf die Klassiker der Moderne zulässt, wenn am 24. ein Violinkonzert Max Regers in der von Arnold Schönbergs bearbeiteten kammermusikalischen Fassung erklingt. In Karlsruhe scheint für den Musikjournalisten und Festivalmacher denn schier alles möglich, weil auch das Publikum die nötige Offenheit mitbringe: „Die Karlsruher möchten das Neue, akzeptieren das Fremde und bleiben stets neugierig, das schätze ich sehr.“

> Fr 23. bis Fr 30. Oktober, Schloss Gotteaue CampusOne, Karlsruhe, Abschlusskonzert mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz am 30. Oktober, Konzerthaus Karlsruhe (siehe Tagestipp)

Hochschule für Musik - Schloss Gottesaue

Am Schloss Gottesaue 7

76131 Karlsruhe

0721 / 66290

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