Kunst, Ausstellungen Kunst
RATATATAA
Mit einer sehr transparenten und luftigen Hängung, eine klaren Strukturierung, speziellen Räumen und Kojen, die etwa Familien zum Verweilen einladen, und neuen Veranstaltungsformaten hat sich die Städtische Galerie für moderne und zeitgenössische Kunst im ersten Lichthof des Hallenbaus neuen Publikumsgruppen geöffnet. In der aktuell gezeigten Schau "RATATATAA" kann man gesellschaftskritische Kunst nicht nur begreifen, sondern sogar erklettern. Klappe Auf unterhielt sich mit der Museumsleiterin Stefanie Patruno über Kunst und Strategie.
Sie sind seit 2021 Leiterin der Städtischen Galerie. In welcher Hinsicht hat sich die Galerie Ihrer Meinung nach seither verändert?
Stefanie Patruno: Ich habe es als großes Privileg empfunden, die Städtische Galerie mitten in der Corona-Schließzeit zu übernehmen. Diese Zeit der Ruhe hat mir die Möglichkeit gegeben, das Haus wirklich von innen heraus kennenzulernen – das Team, die Sammlung, die Architektur. In dieser intensiven Phase ist gemeinsam mit meinem wissenschaftlichen Team die Neupräsentation der historischen Sammlung entstanden – ein echtes Gemeinschaftsprojekt, das die Stärken der Sammlung sichtbar macht und zugleich ihre Relevanz für die Gegenwart befragt. Die Themen Identität, Natur, Rituale und Heimat ziehen sich durch alle Epochen und sind heute aktueller denn je. Als fünftes Thema ist die Frage nach Geschlechtergerechtigkeit hinzugekommen – auch als Reaktion darauf, dass nur etwa 11 Prozent unserer Werke von Künstlerinnen stammen. Seit 2023 haben wir diese Themenräume eingerichtet, in denen wir jährlich rund die Hälfte der Arbeiten austauschen. So bleibt die Sammlung in Bewegung – lebendig, offen und immer wieder neu zu entdecken. Wichtige Veränderungen betrafen aber auch die äußeren Rahmenbedingungen: Wir haben die digitale Infrastruktur verbessert und das Museum – etwa mit einer neuen Foyermöblierung – als einen Ort weiterentwickelt, an dem man sich gerne aufhält.
Führungen auf Türkisch, Kängurutouren, Abenteuer zwischen Buchseiten oder ARTtoNight, welche Publikümer erreichen Sie bislang und welche möchten Sie in Zukunft noch hinzugewinnen?
Patruno: Ich bin überzeugt, dass wir uns als Museum noch stärker öffnen und aktiv auf die Gesellschaft zugehen müssen. Dafür braucht es gezielte Angebote – und genau das versuchen wir mit Programmen wie den genannten Formaten umzusetzen und auszubauen. Unsere ARTtoNight-Nächte waren von Anfang an ein großer Erfolg: Wir öffnen das Museum nachts, es gibt eine Bar, Führungen, Workshops, Musik – und man darf auch tanzen. Das zieht ein ganz anderes Publikum an, aber auch unsere Stammgäste kommen gern. An solchen Abenden sind 200 bis 300 Menschen im Haus – das erreichen wir an einem normalen Museumstag nicht.
Ebenso beliebt sind die Känguru-Tours, bei denen junge Eltern ihre Babys einfach mitbringen können. Diese Führungen waren von Beginn an ausgebucht. Mir ist wichtig, dass wir Menschen erreichen, die sonst vielleicht nicht zu uns kämen – dass wir Schwellen abbauen. Gleichzeitig gehen wir mit dem „Museum in der Box“ auch aktiv nach draußen: Mit einem Lastenrad und ausgewählten Kunstwerken besuchen wir Schulen, auch in benachteiligten Stadtteilen. Langfristig hoffen wir natürlich, dass diese Begegnungen zu einem Rückfluss führen – dass die Kinder und Familien irgendwann zu uns kommen, weil sie uns schon kennen.
In Deutschland sind viele Kommunen klamm, und auch in Karlsruhe drohen für die kommenden Jahre drastische Einsparungen. Was bedeutet dies für die Städtische Galerie und wie begegnen Sie dieser Entwicklung?
Patruno: Wir befinden uns inzwischen in der vierten Runde von Haushaltskürzungen. Seit ich in Karlsruhe bin, wurde das Budget der Städtischen Galerie mehrfach reduziert – so wie bei allen anderen Einrichtungen der Stadt auch. Das macht es natürlich schwer, einzelne Bereiche auszunehmen, weil man weiß: Jeder Euro, der hier bleibt, muss woanders eingespart werden. Ich glaube, in dieser Situation braucht es vor allem Solidarität und Partnerschaften. Wir müssen stärker zusammenarbeiten, Netzwerke aufbauen, kommunizieren und kreativ nach Lösungen suchen. Wegducken hilft nicht. Mit unserem kleinen, sehr engagierten Team versuchen wir, aus dem, was wir haben, das Bestmögliche zu machen – flexibel zu bleiben, Prioritäten zu setzen und trotzdem Qualität und Offenheit zu bewahren.
Mit "RATATATAA" richten Sie derzeit den beiden KünstlerInnen Özlem Günyol und Mustafa Kunt die erste große institutionelle Ausstellung aus. Wieso gerade diesen beiden?
Patruno: Ich kenne Özlem Günyol und Mustafa Kunt schon seit vielen Jahren und verfolge ihre Arbeit mit großem Interesse. Das deutsch-türkische Künstlerduo arbeitet seit über zwei Jahrzehnten zusammen – sie haben in Ankara und Frankfurt studiert – und beschäftigen sich in ihren Werken mit Themen wie Identität, Macht, Sprache und Repräsentation. Ihre Arbeiten sind analytisch, tiefgründig und zugleich poetisch.
Gerade jetzt, in einer Zeit, in der Sprache zunehmend instrumentalisiert wird, in der Fake News, Migration, Solidarität und das Verhältnis Europas zum Rest der Welt große Themen sind, ist ihre Kunst besonders relevant. Deshalb ist es genau der richtige Moment, ihnen hier eine Bühne zu bieten.
Sie sind seit 2021 Leiterin der Städtischen Galerie. In welcher Hinsicht hat sich die Galerie Ihrer Meinung nach seither verändert?
Stefanie Patruno: Ich habe es als großes Privileg empfunden, die Städtische Galerie mitten in der Corona-Schließzeit zu übernehmen. Diese Zeit der Ruhe hat mir die Möglichkeit gegeben, das Haus wirklich von innen heraus kennenzulernen – das Team, die Sammlung, die Architektur. In dieser intensiven Phase ist gemeinsam mit meinem wissenschaftlichen Team die Neupräsentation der historischen Sammlung entstanden – ein echtes Gemeinschaftsprojekt, das die Stärken der Sammlung sichtbar macht und zugleich ihre Relevanz für die Gegenwart befragt. Die Themen Identität, Natur, Rituale und Heimat ziehen sich durch alle Epochen und sind heute aktueller denn je. Als fünftes Thema ist die Frage nach Geschlechtergerechtigkeit hinzugekommen – auch als Reaktion darauf, dass nur etwa 11 Prozent unserer Werke von Künstlerinnen stammen. Seit 2023 haben wir diese Themenräume eingerichtet, in denen wir jährlich rund die Hälfte der Arbeiten austauschen. So bleibt die Sammlung in Bewegung – lebendig, offen und immer wieder neu zu entdecken. Wichtige Veränderungen betrafen aber auch die äußeren Rahmenbedingungen: Wir haben die digitale Infrastruktur verbessert und das Museum – etwa mit einer neuen Foyermöblierung – als einen Ort weiterentwickelt, an dem man sich gerne aufhält.
Führungen auf Türkisch, Kängurutouren, Abenteuer zwischen Buchseiten oder ARTtoNight, welche Publikümer erreichen Sie bislang und welche möchten Sie in Zukunft noch hinzugewinnen?
Patruno: Ich bin überzeugt, dass wir uns als Museum noch stärker öffnen und aktiv auf die Gesellschaft zugehen müssen. Dafür braucht es gezielte Angebote – und genau das versuchen wir mit Programmen wie den genannten Formaten umzusetzen und auszubauen. Unsere ARTtoNight-Nächte waren von Anfang an ein großer Erfolg: Wir öffnen das Museum nachts, es gibt eine Bar, Führungen, Workshops, Musik – und man darf auch tanzen. Das zieht ein ganz anderes Publikum an, aber auch unsere Stammgäste kommen gern. An solchen Abenden sind 200 bis 300 Menschen im Haus – das erreichen wir an einem normalen Museumstag nicht.
Ebenso beliebt sind die Känguru-Tours, bei denen junge Eltern ihre Babys einfach mitbringen können. Diese Führungen waren von Beginn an ausgebucht. Mir ist wichtig, dass wir Menschen erreichen, die sonst vielleicht nicht zu uns kämen – dass wir Schwellen abbauen. Gleichzeitig gehen wir mit dem „Museum in der Box“ auch aktiv nach draußen: Mit einem Lastenrad und ausgewählten Kunstwerken besuchen wir Schulen, auch in benachteiligten Stadtteilen. Langfristig hoffen wir natürlich, dass diese Begegnungen zu einem Rückfluss führen – dass die Kinder und Familien irgendwann zu uns kommen, weil sie uns schon kennen.
In Deutschland sind viele Kommunen klamm, und auch in Karlsruhe drohen für die kommenden Jahre drastische Einsparungen. Was bedeutet dies für die Städtische Galerie und wie begegnen Sie dieser Entwicklung?
Patruno: Wir befinden uns inzwischen in der vierten Runde von Haushaltskürzungen. Seit ich in Karlsruhe bin, wurde das Budget der Städtischen Galerie mehrfach reduziert – so wie bei allen anderen Einrichtungen der Stadt auch. Das macht es natürlich schwer, einzelne Bereiche auszunehmen, weil man weiß: Jeder Euro, der hier bleibt, muss woanders eingespart werden. Ich glaube, in dieser Situation braucht es vor allem Solidarität und Partnerschaften. Wir müssen stärker zusammenarbeiten, Netzwerke aufbauen, kommunizieren und kreativ nach Lösungen suchen. Wegducken hilft nicht. Mit unserem kleinen, sehr engagierten Team versuchen wir, aus dem, was wir haben, das Bestmögliche zu machen – flexibel zu bleiben, Prioritäten zu setzen und trotzdem Qualität und Offenheit zu bewahren.
Mit "RATATATAA" richten Sie derzeit den beiden KünstlerInnen Özlem Günyol und Mustafa Kunt die erste große institutionelle Ausstellung aus. Wieso gerade diesen beiden?
Patruno: Ich kenne Özlem Günyol und Mustafa Kunt schon seit vielen Jahren und verfolge ihre Arbeit mit großem Interesse. Das deutsch-türkische Künstlerduo arbeitet seit über zwei Jahrzehnten zusammen – sie haben in Ankara und Frankfurt studiert – und beschäftigen sich in ihren Werken mit Themen wie Identität, Macht, Sprache und Repräsentation. Ihre Arbeiten sind analytisch, tiefgründig und zugleich poetisch.
Gerade jetzt, in einer Zeit, in der Sprache zunehmend instrumentalisiert wird, in der Fake News, Migration, Solidarität und das Verhältnis Europas zum Rest der Welt große Themen sind, ist ihre Kunst besonders relevant. Deshalb ist es genau der richtige Moment, ihnen hier eine Bühne zu bieten.




