Am 3. Juli ist es wieder soweit: Das Zeltival, das alljährlich zu den kulturellen Höhepunkten des Sommers in Karlsruhe zählt, beginnt und bietet auch in diesem Jahr wieder sechs Wochen lang ein abwechslungsreiches Programm mit angesagten Künstlern aus aller Welt. Sebastian Bau, einer der beiden Geschäftsführer im Kulturzentrum Tollhaus, unterhielt sich mit uns über das beliebte Sommer-Festival und seine übrige Arbeit im Tollhaus.
Sie haben vor zwei Jahren die Leitung des Tollhauses übernommen.
Vor welchen Herausforderungen standen und stehen sie? Was waren die wichtigsten Neuerungen? Was sollte unbedingt so bleiben wie es war?
Sebastian Bau: Der voranschreitende Generationenwechsel im gesamten Team, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und natürlich die klammen Kassen der öffentlichen Hand sind einige der Herausforderungen, denen wir uns im Tollhaus stellen müssen und wollen. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit haben wir mit der neuen Photovoltaik-Anlage sowie dem Kombiticket der KVV zwei große Schritte gemacht. Auch der Wechsel unseres Ticketsystems im vergangenen Jahr mit der Einführung einiger neuer Funktionen wie zum Beispiel unserer Tickettauschbörse, auf der unsere Besucher unkompliziert Karten weiterverkaufen können kommt sehr gut an.
Das Tollhaus soll unbedingt ein Ort der Begegnung bleiben, an dem sich Menschen aus allen Gesellschaftsbereichen wohl fühlen und auf Augenhöhe begegnen. Dabei wollen wir weiter nah an unseren Besucherinnen und Besuchern bleiben und den unkomplizierten Kontakt halten..
Hat sich das Tollhaus im Allgemeinen und das Zeltival im Besonderen seit dieser Zeit in seiner Ausrichtung verändert? Sind neue Themen dazugekommen und andere weggefallen?
Sebastian Bau: In der Ausrichtung hat sich eigentlich nicht viel verändert. Wir wollen weiterhin unser Stammpublikum, das das Haus seit vielen Jahren begleitet und groß gemacht hat, bedienen. Gleichzeitig versuchen wir allerdings schon, vermehrt Konzerte für ein jüngeres Publikum anzubieten. Dies ergänzt aber eher das bestehende Angebot und sorgt nicht dafür, dass weniger Dinge fürs Stammpublikum stattfinden.
Wie sieht das Programm des diesjährigen Zeltivals aus? Gibt es einen Schwerpunkt? Was war bei der Zusammenstellung wichtig?
Sebastian Bau: Einen formulierten Schwerpunkt gibt es nicht. Allerdings haben wir einige Gruppen aus der Schweiz im Programm und auch Afrika ist in diesem Jahr gut vertreten. Generell macht ja gerade die vielfältige Mischung das Zeltival- Programm aus. Wichtig ist uns dabei auch, dass es neben den prominenten - und damit oft auch etwas hochpreisigeren - Konzerten mit unserer Zeltival Top Ten Reihe die Möglichkeit gibt, für kleines Geld spannende neue Musiker aus aller Welt zu entdecken. Das ist in diesem Jahr bei sieben Konzerten möglich.
Wie wichtig ist Ihnen bei der Zusammenstellung gesellschaftliches und politisches Engagement?
Sebastian Bau: Wenn KünstlerInnen sich einem besonderen gesellschaftlichen Thema annehmen oder auf der Bühne Haltung zeigen, kann das auch für das Publikum zu tollen Abenden und neuen Entwicklungen führen. Aber manchmal soll ein Konzert ja auch vom Alltagstrubel ablenken, ein bisschen Eskapismus ist beim Zeltival also durchaus auch erlaubt.
Welche Rolle spielt das Zeltival für das Tollhaus? Hat es einen besonderen Stellenwert im Jahresprogramm?
Sebastian Bau: Das Zeltival ist neben dem Atoll-Festival eines unserer beiden großen Jahreshighlights. Zum einen, weil das Tollhaus und der Zeltival-Garten sich ganz anders präsentieren als im Rest des Jahres. Andererseits strahlt das Zeltival auch über die Region hinaus aus, und wir erreichen durch ein anderes Marketingkonzept dort ein erweitertes Publikum. Immer wieder entdecken Menschen das Tollhaus durch das Zeltival und kommen dann auch unterm Jahr zu weiteren Veranstaltungen. Auch unsere Besucherbefragungen zeigen, dass der Anteil der Erst-Besucher:innen beim Zeltival höher ist als im „normalen“ Jahresprogramm.
Reisen für das Zeltival mehr Gäste aus der Region an als bei Ihrem sonstigen Programm?
Sebastian Bau: Das hängt immer sehr stark von den Auftretenden ab und wie oft sie sonst noch in Deutschland auftreten. Da die Dichte von internationalen KünstlerInnen beim Zeltival aber schon höher ist als im Jahresprogramm, kann man sagen, dass wir im Schnitt beim Zeltival ein größeres Einzugsgebiet haben als im sonstigen Jahr. Aber auch da gibt es immer wieder Konzerte, die Besucher:innen aus ganz Deutschland anziehen, falls Gruppen nur an wenigen Orten zu sehen sind.
Gibt es Programmpunkte beim diesjährigen Zeltival, mit denen Sie besonders ein jüngeres Publikum ansprechen wollten?
Sebastian Bau: Ja. Zum einen haben wir mit den Auftritten von „Raketenerna“ und „Herr Jan & seine Superbänd“ zwei Konzerte für Familien eingeplant. Für junge Erwachsene gibt es zum Beispiel die Konzerte von Jahneration, Umse, Faber, Sean Koch oder Meute. Generell sollen auch die 10,- EUR Konzerte beim Zeltival jungen Menschen die Möglichkeit geben ohne großen finanziellen Aufwand ins Tollhaus hineinzuschnuppern.
Haben Sie einen persönlichen Favoriten beim diesjährigen Zeltival? Einen Abend, auf den Sie sich besonders freuen?
Sebastian Bau: Das ist wie die Frage nach dem Lieblingskind, immer schwer zu beantworten. Aktuell freue ich mich sehr auf den Auftritt von Les Égarés, das Konzert von Rebeca Lane & Audry Funk und auf die Band Šuma Čovjek. Aber auch der Auftritt von Faber wird sicher besonders, hier haben wir viele Jahre immer wieder angefragt, nun klappt es gleich an zwei Abenden.