Furcht geht um in der Karlsruher Kulturszene. Erneut ist von einschneidenden Kürzungen der öffentlichen Förderung die Rede. Der Karlsruher Kulturring, in dem sich rund zwei Dutzend Kultureinrichtungen in freier Trägerschaft zusammengeschlossen haben, richtet sich mit einem Brandbrief an die Karlsruher Lokalpolitiker, die sich in den kommenden Wochen mit der Aufstellung des neuen Doppelhaushalts 2026/27 für die Fächerstadt zu beschäftigen haben. Schon jetzt sehen sich sieben Einrichtungen der Kulturringmitglieder durch die permanente Unterfinanzierung in ihrer Existenz bedroht. Sollte es tatsächlich zum worst case kommen, werden sicherlich weitere folgen. Etwa zehn der Kulturring-Einrichtungen würden das voraussichtlich nicht überleben.
Die gegenwärtige Lage der Kommunen ist bescheiden, kaum eine Stadt, die ohne Probleme ihren Haushalt einbringen kann. Ursache seien in aller Regel nicht die getätigten Großprojekte, Grund für die finanzielle Schieflage der Kommunen sei vielmehr, dass die Kommunen ein Viertel staatlicher Aufgaben zu erledigen hätten, aber hierfür nur ein Siebtel der Steuereinnahmen erhielten, so die Karlsruher Stadtkämmerei auf Nachfrage über die Gründe.
Zur Überraschung vieler scheint es Baden-Baden besonders getroffen zu haben. Hier hat sich das Theater aufgrund der desolaten Haushaltslage der Stadt, die auch das Theater als städtische Kultureinrichtung betrifft, zur Einsparung größerer Posten zu einer Verlegung der normalerweise im Sommer anstehenden Freilichtproduktion ins Theatergebäude entschlossen. Auch der Karlsruher Theaterintendant Christian Firmbach, dessen Spartenleiter kürzlich den Spielplan für die kommende Spielzeit vorstellten, kann sich nicht sicher sein, dass alle Vorhaben umgesetzt werden können, zumal bereits in der bald endenden Spielzeit eine Musicalproduktion aus Kostengründen gegen ein weit weniger kostspieliges Stück eingetauscht werden musste.
Bedrohlich ist diese Situation aber vor allem für die freie Kulturszene, die aus den vergleichsweise wenigen Brosamen, die ihnen gewährt wird, gewohnt sind, viel zu machen. Fallen diese aber auch noch weg, wird dies mancher Kulturstätte dauerhaft das Licht ausknipsen. Statt der nach langer und zäher Vorarbeit vor wenigen Jahren erstrittenen, überfälligen Dynamisierung der Zuschüsse droht den Karlsruher Einrichtungen nun eine Rasur, die möglichweise 10 Prozent der städtischen Unterstützung kostet. Da zahlreiche Einrichtungen eine Komplementärförderung durch das Land erhalten, werden die Zuflüsse aus Stuttgart ebenso ausgedünnt.
Nachdem die Stadt Karlsruhe bereits in den vergangenen drei Doppelhaushalten einen dreistufigen Sparplan zur Haushaltssicherung absolvierte, steht nun nicht zuletzt durch gestiegene Kosten und der wirtschaftlichen Flaute geschuldete geringere Steuereinahmen, eine besonders harte vierte Stufe an, bei der weitere 80 Millionen Euro eingespart werden sollen. Der noch insgesamt 63,1 Millionen Euro betragende Kulturetat soll um 4,7 Millionen Euro schrumpfen.
Dabei muss man wissen, dass das Geld, das an freie, also nicht von Stadt und Land betriebene, im Kulturring zusammengeachlossene Kulturträger, geht, lediglich auf 1,6 Millionen Euro zu beziffern ist. Rechnet man etwa die BesucherInnenzahlen der Kulturringeinrichtungen zusammen, kommt man auf jährlich über 400.000, das sind kein Viertel weniger als Staatstheater und ZKM zusammen haben. Inklusive der Volkshochschule bekommen diese beiden Einrichtungen 90 Prozent der an Kulturträger zu vergebenden Mittel, auf die freien entfallen gerade 10 Prozent.
Die Gründe freilich, warum zahlreiche freie und kleinere Kultureinrichtungen dringend mehr brauchen und keinesfalls mit weniger Geld weiterarbeiten können sind vielfältig: zum einen sind sie den allgemeinen Kostensteigerungen der zurückliegenden Monaten ausgesetzt und zahlen viele Mieten direkt an die städtische Fächer GmbH, die als Indexmieten in den vergangenen beiden Jahre erheblich anstiegen. Zusätzlich werden die Veranstalter ab Juli mit der sogenannten Bettensteuer konfrontiert, die auch auf jede Künstlerübernachtung fällig wird. Einige der alteingesessenen Einrichtungen konnten ihren Angestellten seit Jahrzehnten keine Gehälter anpassen. Manche kämpfen bereits mit der Überschuldung. Als aktuell existenzgefährdet beschreiben sich Das Sandkorn, der die Konzerte in der Alten Hackerei veranstaltende SAU e.V., das dokka Filmfestival, das Filmboard Karlsruhe, die Kinemathek, das Tanzareal und das KOHI am Werderplatz. Schon wenn diese Einrichtungen aus dem Karlsruher Kulturangebot verschwänden, wäre dies ein großer Verlust, zumal Karlsruhe durch die langjährigen Schließungen und Sanierungen von Kunsthalle, Landesmuseum und Staatstheater nicht gerade an Attraktivität gewonnen haben dürfte. Der Gewinn wäre ein Einsparpotential von gerade einmal 160.000 Euro, das die Verantwortlichen Gemeinderäte auf der Habenseite verbuchen könnten.