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Intendant Rahlfs:

„Theater erzeugt eine ganz fundamentale Empathie“

Bild - Intendant Rahlfs:
In diesem Jahr feiert die Badische Landesbühne ihr 75-jähriges Bestehen. Klappe Auf unterhielt sich im Vorfeld des Jubiläumswochenende vom 4. bis 6. April 2025 mit Wolf E. Rahlfs, der seit September 2023 die in Bruchsal ansässige Bühne leitet.


Herr Rahlfs, Sie sind seit der vergangenen Spielzeit Intendant der Badischen Landesbühne, aber dem Haus schon längere Zeit verbunden, was bedeutet für Sie dieses Jubiläum?
Wolf E. Rahlfs: Sehr viel, für mich verbindet sich mit Bruchsal das Gefühl einer künstlerischen Heimat. Ich kenne das Haus tatsächlich seit 2003, also seit über 20 Jahren, und hatte hier mein erstes Theaterengagement als Schauspieler und später auch als Regisseur.

Sie haben in London Regie und Schauspiel studiert. Was schätzen Sie besonders am Theatersystem in Deutschland?
Rahlfs: Was das deutschsprachige Stadttheatersystem auszeichnet, ist, dass wir hier mit einem solchen Stab an Personal ein so vielgestaltiges Repertoire, das auch im Wechsel gezeigt werden kann, pflegen können. Die bedeutet eine Hülle und Fülle, die in anderen Ländern so nicht möglich ist.

Und was könnten wir von anderen Ländern lernen?
Rahlfs: Das ist vielleicht die größere Flexibilität und Risikobereitschaft, eine kreative Lust, sich in immer neue Produktionszusammenhänge zu begeben. Gerade was die Strukturen angeht, können wir von der freien Szene lernen. Da wir als öffentliche Betriebe, hier etwa mit 70 festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Größe eines mittelständischen Unternehmens, arbeiten, hat seine Vorteile, aber auch seine Herausforderungen, die nicht immer im Sinne der Kunstproduktion sind. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir nur noch Kunst verwalten.

Mit dem Stück "Event" stehen Sie nun nach sechs Jahren auch wieder selbst auf der Bühne? Was vor allem hat Sie daran gereizt?
Rahlfs: Dass ich durch meine Position so viele administrative Dinge zu erledigen habe, birgt etwas die Gefahr, zu weit vom künstlerischen Geschehen wegzurücken, auch wenn ich ja regelmäßig inszeniere. In diesem Fall kamen nun mehrere Gründe hinzu, die dafür sprechen, dass dies eine runde Sache wird. Zum einen war auch Franz Mosthav, der den Vorläufer der Badischen Landesbühne ins Leben rief, ein schauspielernder Theaterleiter, der 1949 beschloss, dass zum Wiederaufbau wesentlich auch Kunst und Kultur gehörten. Ich selbst bin wohl heute einer der ganz wenigen selbst spielenden Intendanten. Zum zweiten waren wir für das Jubiläum auf der Suche nach einem Text, der sich grundsätzlich mit dem Theater auseinandersetzt. "Event" nun vermittelt wunderbar absurd-komische, aber auch poetisch-tiefgreifende Erkenntnisse, was das Theater ist. Und wir spielen das auf der Bühne des großen Hauses, wo dann auch das Publikum sitzt, also mittendrin im Theatergeschehen.

Was fasziniert Sie daran mit Menschen zu arbeiten, die andere Menschen darzustellen versuchen?
Rahlfs: Das sind ganz viele Dinge. Vor allem aber begeistert mich, dass wenn ich auf der Bühne etwas vorgespielt bekomme, was ich im realen Leben so nicht erleben kann, dass dies einen ganz unmittelbaren Zugang schafft, den keine Nachrichtensendung und keine Dokumentation so bieten kann. Theater erzeugt eine ganz fundamentale Empathie dafür, was der Mensch alles sein kann oder was er ist. Auf der gesamten Palette von seinen Abgründen bis zu seinen schöpferischen Momenten.

Was sind die Chancen und Grenzen eines Theaters, das nicht in einer Großstadt zu Hause ist und zudem die Aufgabe hat, das weite Umland zu bespielen?
Rahlfs: Ich spreche von der Badischen Landesbühne gerne als einem mobilen Stadttheater für 16 Städte und vier Landkreise. Zusammengenommen wohnen hier mehr Menschen als in Karlsruhe oder Mannheim. Dabei müssen wir flexibel bleiben, weil wir einerseits Mittelstädte mit urbanem Charakter bespielen, anderseits auch in Mudau oder Hardheim gastieren, wo jeweils gerade einmal 5000 Menschen leben. Wenn wir in solchen Orten spielen sind wir weit und breit die einzige Kulturveranstaltung. Dies bietet uns ein Riesenpotential, unserem Auftrag, Kultur zu den Menschen zu bringen, gerecht zu werden. Ich betrachte das als große Kraft und Chance.
Auf der anderen Seite stehen die logistischen Herausforderungen. Mit 70 Menschen einen Spielbetrieb von jährlich über 400 Veranstaltungen durchzuführen, ist organisatorisch alles andere als trivial. Künstlerisch bedeutet das zum Beispiel, dass jedes Bühnenbild auf einer großen wie auf einer kleinen Bühne funktionieren muss.
Programmatisch müssen wir auf unser sehr unterschiedliches Publikum dadurch reagieren, dass wir ein sehr heterogenes Angebot machen, und uns nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zurückziehen. Belohnt werden wir mit einer großen Offenheit des Publikums, das Themen sehen will, die etwas mit ihrer Lebensrealität zu tun haben, und Qualität schätzt. Ich möchte ausdrücklich eine Lanze für das Publikum aus dem ländlichen Raum brechen.

Badische Landesbühne

Am Alten Schloss 24

76646 Bruchsal

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