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Goldene Schnabel für Ullrich Eidenmüller

- Auf ein Wort -

Bild -  Goldene Schnabel für Ullrich  Eidenmüller
Den „Goldenen Schnabel“ 2024 hat er sich redlich verdient: Gewürdigt wurde Ullrich Eidenmüller (Foto rechts) als „eine Person des öffentlichen Lebens, die sich in vorbildlicher Weise bemüht, über das gesprochene Wort eine lebendige Beziehungs- und Gesprächskultur zu schaffen“, erklärte Manfred Bögle (Foto links), Initiator vom „Karlsruher Haus der Erzählkunst“ der wirkstatt. Bei der Verleihung in der Hemingway -Lounge ließ es sich Stadtgründer Markgraf Karl-Wilhelm (Heinrich Pacher) nicht nehmen , höchstpersönlich mit einer Laudatio sich, seinen Privilegienbrief mit seinen damalig unglaublichen Freiheiten und Rechten, sowie natürlich den ehemaligen Bürgermeister und immer noch begeisterten Radfahrer zu ehren, für den immer Recht und Freiheit an erster Stelle standen und stehen.

Mit seinem nunmehr vergoldeten Schnabel hielt Eidenmüller eine gelungene Lobrede über das gesprochene „Wort“. Zitat: „Zwar ändert sich alles, auch die Sprache, das Wort. Aber die Kraft des Wortes bleibt uns. Deshalb lasst uns immer so reden, wie der Schnabel uns gewachsen ist. Offen, mutig und frei. Das mutige Wort ist es, das die Welt voranbringt.“ So ist es.
Anm.d.R.M Auch wir gratulieren Dir. lieber Ulli, recht herzlich zu Deiner Auszeichnung.


Goldener Schnabel 15.6.2024

Die Rede von Ulli Eidenmüller:

Auf ein Wort, liebes Wort!

Wer bist Du eigentlich? Wie kann ich mich Dir nähern? Zunächst einmal: Du bist auf der Höhe der Zeit. Du bist divers. Nicht der Wort, nicht die Wort, sondern das Wort. Du bist das dritte Geschlecht. Divers eben.
Also bist Du auf der Höhe der Zeit? Dazu musst Du heute auch inklusiv sein, verbindend, Teilhabe zulassend. Was sagst Du? Das wärst Du schon immer gewesen? Grundsätzlich ja. Du lebst in der Sprache. Und verbindest durch die Sprache. Deshalb bist Du so wertvoll. Deshalb lieben wir Dich. Aber sei vorsichtig! Vor falschen Freunden. Und Freundinnen. Die ihr Süppchen mit Dir kochen. Und dich zensieren, attackieren und zerrupfen mit Wortungetümen und Mittelstrichen, Unterstrichen und Sternchen. Die das Recht zur Deutung und Auslegung der Sprache für sich reklamieren – und zugleich mit dem Finger auf Dich zeigen und behaupten, das wahrhaft Autoritäre seist Du, du unschuldiges Wesen. Die nicht geduldig und tolerant genug sind, den ständigen Fluss der Entwicklung von Sprache und Wort abzuwarten und zu ertragen. Sei vorsichtig und wehre Dich. Gegen Sprechverbote. Ich bin an Deiner Seite.

Unschuldig allerdings bist Du nicht! Du lässt dich missbrauchen, schamlos. Du weißt ganz genau, dass die faszinierende Macht des Worts direkt in den Himmel, aber genauso auch in die Hölle führen kann. Leider oft nach unten, wofür die Sportpalastrede von Joseph Göbbels („Wollt Ihr den totalen Krieg?“) sich unauslöschlich in unserem Langzeitgedächtnis eingebrannt hat. Dass Demagogen jeglicher Herkunft diese Klaviatur noch immer und immer wieder erfolgreich bespielen, zeigt uns, dass Lernfähigkeit und Vernunft der Menschen überschaubar sind. Und Du hilfst ihnen dabei! Lass es mich offen sagen, elendes Wort: Du bist auch eine Hure!

Aber nein, ich stelle Dich deshalb nicht ins Abseits. Ich bin ja bekanntlich ein freier Demokrat mit offenem Herz und offenem Blick. Deshalb sehe ich durchaus Deine guten Seiten. Es ist die Hoffnung, der Du so oft schon Ausdruck gegeben hast, auch und gerade durch den Mund der Mächtigen:

I have a dream – hast Du Martin Luther King sagen lassen,
Mehr Demokratie wagen – waren die drei Worte von Willy Brandt
Yes, we can – von Barack Obama

Worte, geradezu in Stein gemeißelt, die Millionen von Menschen über Generationen hinweg verinnerlicht haben.
Ich denke auch an große Worte der Hoffnung, gesprochen von Staatenlenkern, die damit Stärke und Führung zeigen wollten:
Ich bin ein Berliner – John F. Kennedy
Tear down this wall – Ronald Reagan
Blühende Landschaften – Helmut Kohl
Wir schaffen das – Angela Merkel

Die jeweiligen Namen muss man eigentlich nicht sagen, die Personen haben mit diesen Worten überlebt. Dass nicht jeweils alles so gekommen ist wie erhofft, dafür kannst Du, liebes Wort, nichts.

Bei manchen gesprochenen Worten weiß ich allerdings nicht, was Dir, schillerndes Wort, dabei in den Sinn gekommen ist:

I did not have sexual relations with that woman – schwur Bill Clinton
Die Plagiatsvorwürfe sind abstrus – sagte Karl-Theodor von Guttenberg

Oder gar: Sollen sie doch Kuchen essen! wird Marie Antoinette zugeschrieben

Worte, die die Verfasser später bereuen sollten.

Als genialer Meister des knappen Wortes bleibt uns Gerhard Schröder in Erinnerung. Bei „Gedöns“ wusste man sofort, wo man dran war. Und „Basta“ ersparte uns die ermüdende Lyrik mancher Zeitgenossen und -genossinnen, die uns und Dich, liebes Wort, mit einem Schwall unsortierter Gedanken quälen.

Das mit der Hure nehme ich jetzt zurück. Aber Du bist und bleibst ein Chamäleon! Man weiß nie, woran man bei Dir ist. Mit Dir wird geschmeichelt und gelogen, Inneres nach außen gekehrt und Äußeres versteckt, Frieden gestiftet und Krieg entfacht.

Übrigens: die bewegendsten Momente entstehen, wenn Du schweigst! Das sollte Dir zu denken geben. Dem Kniefall von Warschau von Willy Brandt hättest Du mit jedem Wort ein Stück Würde genommen.

Und doch: Du bist unverzichtbar – nein: großartig! Es ist das mutige Wort, das uns Inspiration und Hoffnung gibt, das uns an das Leben glauben lässt:

„Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ sagte Martin Luther (1521):
„I am prepared to die“ waren die Worte von Nelson Mandela (1964):

Das sind Worte, die den Ablauf ihrer Zeit verändert haben. Und manchmal kann sogar ein einziges Wort die Welt aus den Fugen hebeln:

Rosa Parks war es, die sich 1955 mit dem kleinen „No“ weigerte, Ihren Sitzplatz im Bus in Alabama für einen Weißen freizumachen und damit das Ende der Rassentrennung in den USA einläutete.

Ein einziges, mutiges Wort! Ich finde, dem mutigen Wort gehört die Welt. Und ein Nobelpreis! Ein Goldener-Schnabel-Nobelpreis!
Deshalb zuletzt, liebes Wort - mit meinem nunmehr goldenen Schnabel gesagt und versprochen - obwohl Du mich heute beim Formulieren dieser Zeilen wieder wie immer ziemlich gequält hast: ich werde Dich verteidigen! Dabei geht es gar nicht um die großen Worte, an die ich eben erinnert habe. Du gibst Identität und Heimat. Jedem und Jeder. Jeden Tag. Wir lassen uns das Wort nicht nehmen!
Unser Elsässer Nachbar Germain Muller hat das in einem Lied wütend-melancholisch so besungen:
mir sin schyns d‘letschte ja d‘allerletschte
vun dänne Lätze wo noch so babble
wie de Schnawwel ne gewachse-n-isch
Soweit soll es nicht kommen.

Zwar ändert sich alles, auch die Sprache, das Wort. Aber die Kraft des Wortes bleibt uns. Deshalb lasst uns immer so reden, wie der Schnabel uns gewachsen ist. Offen, mutig und frei. Das mutige Wort ist es, das die Welt voranbringt.

Dein Freund
Ullrich Eidenmüller

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