Zu wenig Abstimmung hinsichtlich ihrer Entwicklung
Seit über 40 Jahren ist der Stuhl des Oberbürgermeisters (OB) in Karlsruhe fest in der Hand der CDU. Das solle endlich anders werden, wünschen sich zumindest Grüne und SPD, die den Staatssekretär im Stuttgarter Kultusministerium Dr. Frank Mentrup als gemeinsamen Kandidaten gegen den CDU-Bewerber Ingo Wellenreuter ins Rennen schicken mit Unterstützung der KAL. Mentrup, Arzt, Politiker und Vater von vier Kindern stammt aus Mannheim und lebt mit seiner Familie seit 2007 in Karlsruhe, wo der Landtagsabgeordnete bis zu seiner Berufung zum Staatssekretär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Städtischen Klinikum Karlsruhe arbeitete. Klappe Auf unterhielt sich mit dem Herausforderer über seine Ziele.
Herr Mentrup, was sollte in Karlsruhe vor allem anders werden´
Mentrup: Dass die Kommunalpolitik wieder stärker wird und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Buergern die Stadtentwicklung steuert. Karlsruhe ist in fast allen Bereichen eine tolle Stadt, aber es gibt zu wenig Abstimmung hinsichtlich ihrer Entwicklung. Immer wenn einer mit einer Idee kommt, gibt es sofort Widerstände und am Ende passiert garnichts. Ein zweites Ziel ist es, die Zusammenarbeit mit der Region intensiver werden zu lassen, denn Stadt und Region haben ein großes gemeinsames Potential, das derzeit ungenutzt ist. Die Region wartet nur darauf, dass Karlsruhe hier die Initiative ergreift.
Sie nehmen den Kampf um die Stadtherrschaft mit der Unterstützung anderer Parteien als der Ihren auf. Welche Zugeständnisse kostet Sie diese Unterstützung´
Mentrup: Die OB-Wahl ist in erster Linie eine Persönlichkeitswahl. Da kann es im Vorfeld nicht darum gehen, so etwas wie Koalitionsverhandlungen zu führen. Vielmehr geht es darum, auszuloten, ob poltische Vorstellungen und Einschätzungen kompatibel sind, denn am Ende sollte ein neuer OB den im Wahlkampf versprochenen Wechsel auch durch Mehrheiten im Gemeinderat politisch umsetzen können. Und die unterstützenden Parteien sollten sich sicher sein koennen, dass es nach der Wahl auch eine grosse Schnittmenge an umzusetzenden politischen Forderungen gibt.
Welche Rolle spielte eine zweite Rheinbrücke für Karlsruhe in den Verhandlungen mit den Grünen´ Und welche Position vertreten Sie in dieser für Karlsruhe recht emotional besetzten Frage.
Mentrup: Die derzeit in der Planfeststellung befindliche Planung halte ich für völlig ungeeignet, weil sie nur noch mehr Verkehr anzieht. Ob und wo eine zweite Brücke nötig ist, sollte noch einmal mit allen Beteiligten eruiert werden. Es kann aber nicht sein, dass der Landkreis eine zweite Brücke durchsetzt, damit der Weingartener nun möglichst schnell in Wörth bei der Arbeit ist und das realisiert sich nur mitten durch Karlsruhe. Ich fände es gut, alle anstehenden Verkehrsthemen in einen großen Plan einzubeziehen.
Sie sind von Hause aus Arzt. Was begründet ihre Motivation zum politischen Engagement´
Mentrup: Ich bin 1983 in die SPD eingetreten, damals war ich in der 12. Klasse. Zuvor war ich schon in der Schule etwa als Klassensprecher aktiv. Mein politisches Engagement ist also älter als das ärztliche, zu dem ich durch meine Erfahrungen als Zivildienstleistender kam. Es gibt für mich viele Überschneidungen, denn bei beidem treibt mich die Neugierde am Menschen und der Wunsch, gemeinsam Lösungen zu finden.
Vor rund einem Jahrzehnt wurde in allen größeren Städten das Zauberwort Stadtmarketing aus dem Beutel gezogen. Nach dem Motto, wir sind toll, nur weiß das außer uns sonst keiner, bemühten sich die Kommunen, mit mehr oder weniger treffenden Slogans und der Unterstützung von Unternehmensberatern und Werbeagenturen überregional um mehr Aufmerksamkeit zu buhlen. Wie sehen Sie in dieser Hinsicht Karlsruhes Position´
Mentrup: Von seinen Eigenschaften her wäre Karlsruhe sehr marketingfähig, aber ich finde, dass nach außen die großen Potentiale noch nicht deutlich werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Karlsruher sich in seiner Stadt sehr wohl fühlt, aber nicht gut beschreiben kann, warum das so ist. Das könnte verbessert werden, wenn die Identifizierung der Karlsruher mit ihrer Stadt geklärt würde.
Welche Rolle spielen für Sie Kultur und Kulturpolitik einer Stadt´
Mentrup: Kulturpolitik ist in einer Großstadt, in der Menschen aus allen Himmelsrichtungen zusammenkommen, ein ganz wichtiges Bindeglied. Mit seiner vielfältigen und lebendigen Kulturszene ist Karlsruhe hier sehr gut aufgestellt und zählt zu den drei Städten mit der höchsten Pro-Kopf-Förderung. Es gibt hier wichtige Leuchttürme, aber auch sehr viel Kultur von unten aus den Stadtteilen heraus.
Sowohl in Ihrer politischen wie der ärztlichen Laufbahn bildet die Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen einen Schwerpunkt. Wo wollen Sie hier als OB Schwerpunkte setzen´
Mentrup: Im Bereich von Schulen und Kitas sollte Karlsruhe ebenso selbstbewusst auftreten wie etwa in Wissenschaft und Forschung. Es gibt hier einen hohen Bedarf an Nachmittagsbetreuung und wir sollten dabei stärker auf die Ganztagesschule setzen. Man kann da weitergehende Bildungsziele vorantreiben als im Zusammenspiel von Schule und Hort. Bei der Jugend geht es darum, Mitgestaltung und Mitsprachemöglichkeiten zu intensivieren und in Stadtkultur und Kommunalpolitik zu integrieren.