Kurz vor Weihnachten präsentieren Literarische Gesellschaft und Stephanus-Buchhandlung noch einmal vier Veranstaltungen an vier unterschiedlichen Orten. Im KOHI-Kulturraum liest Thomas Willmann am 5. aus Das finstere Tal, seinem archaischen Heimatroman, in dem er sowohl Ludwig Ganghofer als Sergio Leone huldigt. Ein Fremder, der sich als Maler ausgibt, kommt in ein abgelegenes Bauerndorf und bittet um Quartier für den Winter. Er kommt im Haus einer Witwe unter. Bald danach bricht der Winter herein und auf einmal wird das Dorf von einer Reihe merkwürdiger Unglücksfälle heimgesucht, die die Familie vom Brenner-Bauern, dem heimlichen Herrscher des Tals, dezimiert. Wer da wohl dahintersteckt´ Josef Bierbichler ist auf der Bühne und im Film eine Art Urgewalt, jetzt wird er auch noch für sein spätes Romandebüt Mittelreich gefeiert, einen wortmächtigen, barocke, autobiografisch gefärbten Familienroman, mit Tiraden, Anekdoten und Monologen über das Leben zwischen Wirtshaus und Kulturbetrieb. Für den begnadeten (Selbst)Darsteller braucht es natürlich einen größeren Saal. Bierbichler liest am 8. (19.30 Uhr) nicht wie ursprünglich geplant in der Badischen Landesbibliothek sondern im Stephanssaal. Im Souterrain des Prinz-Max-Palais, dem U-Max (vormals Das Kino), gibt Finn-Ole Heinrich, der in den letzten Jahren auch schon im KOHI und im Blauen Salon der HfG gelesen hat, am 9. ein erneutes Gastspiel in Karlsruhe, diesmal in Begleitung des Musikers Spaceman Spiff. Finn Ole-Heinrich schreibt Geschichten, die unter die Haut gehen, ebenso lakonisch sind die Texte und Songs seines Begleiters. Gemeinsam sind sie stark. Schon eine gute alte Tradition ist der Abschluß des Jahresprogramms mit der öffentlichen Aussprache von Jury-Mitgliedern der SWR-Bestenliste. Am 22.12. ist es wieder so weit im Literaturhaus im Prinz-Max-Palais. Falls man dabei Anregungen für ein Buchgeschenk mit auf den Weg bekommt, bleiben noch eineinhalb Tage sie zu realisieren. Vielleicht sollte man auch einfach mal wieder Erich Kästner lesen. Der Schauspieler Walter Sittler, in letzter Zeit auch in den Medien präsent als prominenter Stuttgart 21-Gegner, stellt in der Rolle des Autors Kästners Lebensgeschichte nach. Seine neue Produktion Vom Kleinmaleins des Seins ist die Fortsetzung der erfolgreichen Inszenierung Als ich ein kleiner Junge war. Anhand der Texte und Selbstaussagen von Kästner werden die rauschhaften Zwanziger Jahre wieder lebendig, aber auch der Kater danach. Sechs Musiker begleiten Sittler bei seiner halb ernsthaften, halb komödiantischen Annäherung an den Moralisten und Aufklärer, den nur Ahnungslose ausschließlich als Kinderbuchautor verbuchen. Am 18. (19 Uhr) kommt Walter Sittler ins Tollhaus. Am selben Tag lädt die GEDOK ein zu einer Matinee (11 Uhr) ins Internationale Begegnungszentrum (IBZ) an der Kaiserallee. Jutta Dogan, Irmentraud Kiefer, Doris Lott, Judith Rimmelspacher und Hedi Schulitz erkunden literarisch die Stadt mit Texten aus der Anthologie Karlsruher Orte, die im Info-Verlag erschienen ist. Drei Tage vor Walter Sittler kommt Wladimir Kaminer mit seinem neuem Buch Liebesgrüße aus Deutschland (15.) ins Tollhaus. Der Russe aus Berlin hat einen ganz eigenen Blick auf seine Wahlheimat und ihre Bewohner und wer ihn jemals live erlebt hat, weiß, dass er seine Texte selbst am besten zum Sprechen bringt, dann gibt es Pointen, wo man sie gar nicht vermutet. Wer literarische Entdeckungen machen will, der sollte mal im Blauen Salon der HfG vorbeigucken, dort liest am 12. Albrecht Selge aus seinem Buch Wach, die Geschichte eines Flaneurs, der beim Gang durch Berlin seinen Gedanken nachhängt und zugleich mit wachen Sinnen alle möglichen Eindrücke in sich aufnimmt. Dass Selge zuvor Audioguides für Großstädte wie Berlin, Wien und Paris erstellt hat, dürfte ihm bei seinem Romandebüt entgegengekommen sein. Nun wird es aber richtig weihnachtlich. Am 21., am 22. und 23. (jeweils um 19 Uhr) lädt der Rezitator und Lyriker Christoph Köhler zu jeweils einer besinnlichen literarische Stunde ins A & S Bücherland (Rintheimerstr.19) mit anschließender Plauderei. Am selben Ort gibt Köhler am 10. zusammen mit der Aktions- und Videokünstlerin Eva Wal eine exklusive Mischung aus Performance und Lyriklesung zum Besten. Die Nase vorn, was den Termin im Dezember angeht, hat Harald Schwiers. Gleich am 1. (20.30 Uhr) liest er in seiner Hörstunde im marotte-Figurentheater (Kaiserallee 11) gar nicht so besinnliche Weihnachtsgeschichten. Bengel sind halt einfach unterhaltsamer als Engel. Wenn nicht anders ange-geben, ist Veranstaltungsbeginn 20 Uhr.