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Archiv: 10.2011
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Gemeinschaftsschule

Über die Dummheit im Allgemeinen und die Gemeinschaftsschule im Besonderen:

Bild - Gemeinschaftsschule
Die Abschaffung der Dummheit

„Der ist nicht faul, der ist nur dumm“. In seinem ganzen Berufsleben bekommt ein Lehrer so einen Satz von Schülereltern nicht zu hören. Da hat er schon recht, der gelernte Lehrer Dieter Nuhr. Die Kinder sind entweder schlecht motiviert, antriebsschwach, unkonzentriert, weil sie immer von irgendetwas abgelenkt werden, im schlimmsten Fall haben sie ADS oder gar ADHS oder eine Leserechtschreibschwäche oder irgendetwas anderes, was therapiert werden kann. Davon lebt nebenbei ein ganzer Berufszweig und zwar nicht schlecht. Und dann gibt es natürlich noch den Lehrer als möglichen Hauptschuldigen dafür, dass Sohn oder Tochter geistig wenig auf die Reihe bringt.

Auf die Idee, dass die kognitiven Fähigkeiten des Kindes einfach nicht hinreichen um komplexere Sachverhalte zu begreifen (nichts anderes ist Dummheit), kommen Eltern in der Regel nicht. Das ist Selbstbetrug und Selbstschutz. Was die eigenen Kinder angeht, ist die Wahrnehmung immer getrübt, die nackte Wahrheit „Mein Kind ist dumm“ fällt auf die Eltern als deren Erzeuger und Erzieher zurück.

Aber zum Glück gibt es ja die moderne Pädagogik, die mit der Behauptung, es gibt keine dummen Schüler und Schülerinnen (kurz: SuS), nur falsch oder schlecht geförderte, die Dummheit, wenn schon nicht aus den Klassenzimmern, so doch aus dem offiziellen Wortschatz der Bildungstheoretiker und –praktiker gebannt hat. Dass Kevin, Jacqueline, Marcel, Emre usw. dumm wie Brot sind, das geben Lehrer und Lehrerinnen (LuL) im privaten Bereich gerne zu, auch um sich einfach mal auszukotzen, aber nach außen hin, dürfen sie das natürlich nicht sagen. Am besten wäre es freilich, wenn sie nicht einmal mehr in Gedanken ihre SuS als „dumm“ qualifizieren, denn nur dann sind sie gerüstet und gut genug für die Herausforderungen der Gemeinschaftsschule, die nun auch in Baden-Württemberg von der rotgrünen Landesregierung auf den Weg gebracht wurde, eine Schule in der alle Kinder von der 5. bis zur 10. Klassenstufe gemeinsam unterrichtet werden sollen.

Wie das gehen soll, sich verstärkt den Lernschwachen zuzuwenden, zugleich die Talentierten individuell zu fördern und auch noch im Gleichschritt in der Bewältigung des Lehrstoffes voranzukommen, diese Quadratur des Kreises müssen nicht die vorexerzieren, die sich dergleichen ausgedacht haben. Es bleibt an den LuL hängen, die doch oft genug schon überfordert sind, wenn sie es mit einer leistungsmäßig einigermaßen homogenen Realschulklasse zu tun haben. Die LuL, die dieses pädagogische Konzept im Namen der Chancengleichheit durchsetzen, müssen erst noch gebacken werden.

Bis dahin, das heißt bis zum Sankt Nimmerleinstag, bleibt nur eine Lösung, nämlich die Nivellierung des Niveaus nach unten. Zumal ja auch das Sitzenbleiben abgeschafft werden soll, gemäß der auf den ersten Blick so humanen, aber in Wirklichkeit fatalen Losung „Keiner darf zurückbleiben“. Damit keiner zurückbleibt, müssen alle zurückbleiben. So ist dem Gleichheitsgedanken Genüge getan. Hauptsache, wir sind alle lieb zueinander. „Lernen durch Gedankenosmose funktioniert nicht. Rechnen und schreiben sind kein Teamsport.
"Lernen ist etwas, das Individuen tun, nicht Kollektive,“ schreibt ein beredter Kritiker der Einheitsschule (etwas anderes ist die Gemeinschaftsschule nicht).

Die Widerlegung dieser Argumente durch die schulische Praxis steht noch aus. Ein Argument der Befürworter der Gemeinschaftsschule ist die Beseitigung der Hauptschule als pädagogische Resterampe. Dabei ist die Hauptschule, die in meiner Kindheit und Jugend noch eine völlig unverächtliche Institution war, an die sich für die meisten Abgänger eine Lehre in einem Handwerk oder einem anderen achtbaren Beruf anschloss, doch gerade von denen auf den Hund gebracht worden, die zunächst die Anforderungen an das Abitur so niedrig geschraubt haben, dass es auch für Realschüler keine unüberwindbare Hürde mehr sein konnte.
Folgerichtig entsprach dann die Mittlere Reife dem Anforderungsprofil des Hauptschulabschlusses. Was bleibt da noch für die Hauptschule´ Erst unterminiert man das dreigliedrige Schulsystem, dann schafft es man ab.

Es passt ins Bild, dass die verbindlichen Grundschulempfehlungen in Baden-Württemberg gekippt werden sollen, als würden die Eltern besser über das Leistungsvermögen ihrer Kinder Bescheid wissen als die LuL. Das Zeugnis wird zur Makulatur, die LuL fast völlig entmachtet. Wehe, wehe, wenn sie es auf der neuen Gemeinschaftsschule mit unlehrbaren, zu Aggression neigenden SuS zu tun bekommen, die aber zumindest soviel begreifen, dass ihnen der blöde Wichser da vorne im Grunde nichts tun kann.

Dumm gelaufen. Aber das wird ja nicht passieren in der schönen neuen rotgrünen heilen Schulwelt, theoretisch zumindest ist das völlig ausgeschlossen.