Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 08.2011
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kkaarrlls

Um die Ecke gedacht

Seit drei Jahren verweist das Label kkaarrlls auf ausgefallene Designideen aus Karlsruhe. Pro Jahr finden rund ein Dutzend studentischer Arbeiten Aufnahme in die Edition, die regelmäßig im Mekka der Produktgestalter, bei der Mailänder Designwoche, eine konzentrierte Präsentation erfährt und damit die Namen der Studierenden an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HfG), die Hochschule selbst und nicht zuletzt Karlsruhe als Designstandort in den Blickpunkt rückt. Aber auch in den Design- und Möbelzeitschriften, Fachblättern und Publikumszeitschriften bis hin zum Magazin der Süddeutschen Zeitung werden die originellen kkaarrlls-Objekte mittlerweile häufig vorgestellt. In einer Ausstellung des Badischen Landesmuseums sind ab dem 20. August sämtliche bisher aufgenommenen Objekte im Museum beim Markt versammelt. Mit Stefan Legner, seit 2003 künstlerischer Mitarbeiter am Fachbereich Produktdesign der HfG, der gemeinsam mit Professor Volker Albus kkaarrlls ins Leben rief und betreut, unterhielt sich die Klappe Auf über kkaarrlls, Design und die Welt junger Menschen.


Was muss ein Objekt haben, damit es bei kkaarrlls Aufnahme finden kann´

Stefan Legner: Es muss vor allem in Bezug auf Technik, Handlungsweise und Materialität hinreichend anders gedacht sein, um sich für unsere Edition zu prädestinieren. In diesem Sinne soll es auch das Selbstverständnis der Lehre an der HfG repräsentieren. Auf der anderen Seite muss es in Ausführungsqualität und Funktionalität eine hohe Wertigkeit haben.

Wer braucht kkaarrlls, und wer braucht Designobjekte´

Legner: Die Hochschule braucht das Label, um sich international besser positionieren zu können. Mit ihrem in anderen Sprachen schwer aussprechbaren Namen ist es nicht so einfach, als neue Institution in die Phalanx der etablierten Hochschulen vorzustoßen. Der Name „kkaarrlls“ führt immer auf den Standort zurück, weshalb wir von der Stadt Karlsruhe auch frühzeitig Unterstützung erfahren haben, und er hilft Karlsruhe in der Welt als Designstandort zu etablieren. Auch wenn die Objekte keine endgültigen Antworten formulieren, deuten sie doch die Richtung an, in die die Reise geht. Sie reflektieren die veränderte Wahrnehmung der Welt durch die junge Generation und erschließen eine neue Gedankenwelt. Sie sind die Speerspitze dessen, was in ein paar Jahren vielleicht als Industrieprodukt massentauglich ist. Insofern versteht sich ja der Untertitel unserer Ausstellung „Perspektiven für den Hausrat von morgen“.

Welche Rolle spielen Moden für das Design´

Legner: Grundsätzlich versuchen die Studierenden sehr früh zu demonstrieren, dass sie nicht mit der Mode gehen, sondern ein eigenes Welt- und Geschmacksbild entwickelt haben. Aber wir sind, ob wir es wollen oder nicht, alle in gewisser Weise vom Zeitgeist geprägt und wollen uns in regelmäßigen Abständen erneuern.
Vielen vermeintlich "modischen" Phänomenen im Design liegen aber technologische oder gesellschaftliche Veränderungen zugrunde, auf die Bezug genommen wird.

Die Antwort auf Fragen, die an der HfG gestellt werden, soll von den Studenten nachvollziehbar aus sich selbst heraus erarbeitet werden und erschöpft sich nicht in der Übernahme formaler Tendenzen.

Welche Chancen eröffnen sich den Absolventen der HfG´

Legner: Wir legen Wert darauf, dass unsere Studierenden selbstständig arbeiten und eigene Arbeitsweisen entwickeln. Wir versuchen, die Studierenden so auszubilden, dass sie während des Studiums herausfinden, wo ihre Stärken liegen und was ihnen Spaß macht, denn das ist die Voraussetzung dafür, später erfolgreich zu sein. So bestätigt es uns auch, wenn etwa jemand zu Daimler geht oder als Designchefin bei einer renommierten Kopfhörerfirma eingestellt wird. Zahlreiche unserer Studierenden aber lassen sich mit eigenen Büros nieder und feiern auf der Basis ihrer Hochschularbeiten erste große Erfolge wie Yvonne Fehling und Jennie Peiz, deren Stuhlhockerbank bereits zu den jungen Designklassikern gerechnet wird, Kilian Schindler oder Eva Marguerre, deren Nido-Hocker mittlerweile in Serie hergestellt wird.

Was unterscheidet gutes von schlechtem Design´

Legner: Es gibt so viele Definitionen, denen ich keine weitere hinzufügen will. Eine Antwort des zu früh verstorbenen HfG Hochschullehrers Hannes Wettstein auf diese Frage aber hat, denke ich, nach wie vor grosse Berechtigung: "Gutes Design vermag Freiräume im Alltag zu schaffen." Wenn dem ganzen dann noch ein gewisser "Zauber" innewohnt, umso besser….

Fühlt sich der junge Designer eher als Künstler, oder ist er eher Dienstleister´

Legner: Nun ja, der Künstler ist im Gegensatz zum Designer erst mal nur sich selbst verpflichtet oder Rechenschaft schuldig. Auch sein Ansatz ist grundsätzlich ein anderer. Der Künstler fragt „Wie sage ich etwas´“, der Designer fragt: „Wie setze ich etwas um´“ und orientiert sich an der Nutzbarkeit. Wir haben mit „kkaarrlls“ den Anspruch, nicht mit Kunst verwechselt zu werden, auch wenn man den Eindruck hat, dass sich die Vermarktungsstrukturen beider Disziplinen zuletzt einander angenähert haben.


Bildunterschriften:


Exemplarisch > Auf die Lebenswelt junger Menschen, die häufig umziehen ausgerichtet ist das Regal „Zinfandel“ von Tom Pawlofsky, das sich jeder Dachschräge anpasst.

Vielbeachtet > Das umsatzstärkste kkaarrlls-Produkt ist die „Stuhlhockerbank“ von Yvonne Fehling und Jennie Peiz, die bereits als junger Design-Klassiker gilt

Leicht und doch stabil > Eva Marguerres Fiberglas-Tischchen „Nido“ sind mittlerweile in Serienproduktion, sie selbst ist als Jungdesignerin der Star einer Werbekampagne einer deutschen Automarke

Konsequent anders gedacht > Wenn Silvia Knüppel sich dem Thema Aufbewahrungsmöbel widmet, kommt wie hier mit „Drückeberger“ stets etwas erfrischend anderes dabei heraus.

Die Meistverkauften > Aus dem Gegensatz der Material- und Produktionskultur schuf Cordula Kehrer mit ihren „Bow Bins“ das bisher meistverkaufte kkaarrlls-Produkt