Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 05.2011
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Die Grünen und ich – keine Liebesgeschichte

Bild - Die Grünen und ich – keine Liebesgeschichte
Ich habe, so lange ich wählen kann, noch nie „grün“ gewählt. So bin ich auch eher skeptisch als frohgemut, was die Zukunft unseres schönen Landes unter der neuen grün-roten Regierung angeht. Nichts verschleißt die hehren Ideale mehr als die politische Praxis, man sehe sich nur mal den einstigen Heilsbringer Obama an (der mir aber immer noch hundertmal lieber ist als der Unheilsbringer George W. Bush). Als „Die Grünen“ 1980 in Karlsruhe gegründet wurden, lebte ich selbst erst seit kurzem in dieser Stadt, registrierte aber das Ereignis, dass die politische Landschaft der Bundesrepublik gründlich verändern sollte, nur am Rande. Was auf dem Gründungskongress in der Stadthalle Karlsruhe vor sich ging, das bekam ich erst ein paar Monate später mit. In einem Kino unweit des Geburtsorts der Grünen lief der „Der Kandidat“, ein heute fast vergessener Kompilationsfilm von Alexander Kluge, Volker Schlöndorff und Stefan Aust über Franz Josef Strauß, der - die Älteren werden sich noch erinnern - 1980 tatsächlich der Kanzlerkandidat von CDU/CSU war. Darin gibt es auch ein paar dokumentarische Schnipsel über den Grünen-Kongress, unkommentiert: Man sieht den DDR-Dissidenten Rudolf Bahro, den Butter und Filz verarbeitenden Künstler Joseph Beuys, den ehemaligen CDU-Politiker und Apokalyptiker Herbert Gruhl, den Bio-Bauern Baldur Springmann, dessen SS-Vergangenheit erst später publik wurde.... . Und eine Gruppe junger, flippiger Leute, die die Abschaffung der Schulpflicht und des Verbots der sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern forderten. Beide Anträge fanden glücklicherweise keine Mehrheit. Was nicht im Bild zu sehen war, war die starke Präsenz abgehalfterter kommunistischer Kader, die sich ein neues Betätigungsfeld suchten, nachdem der Traum vom Sieg der Arbeiterklasse ausgeträumt war. Auch Winfried Kretschmann gehörte einst dem KBW an, der die Leitlinien des Massenmörders Mao und Pol Pot in die politische Praxis der Bundesrepublik überführen wollten. Ich weiß, das ist lang her, und Kretschmann hat, wie viele andere, seine Vergangenheit als Möchtegern-Maoist hinter sich gelassen, aber in den Anfangsjahren der Grünen war der linksradikale Impetus noch stark. Das neue Feindbild hieß Atomkraft, das Proletariat wurde durch die Natur ersetzt, der man wie kurz davor noch, der ins Fiktive verschwimmenden Arbeiterklasse, Bewusstsein und Sprache verleihen konnte. Es gibt wohl kaum ein dankbareres Objekt für selbsterklärte Weltverbesserer als Mütterchen Natur: Sie ist allgegenwärtig, sie ist gut, aber sie kann nicht für sich selbst sprechen. Die Grünen taten es für sie im Brustton der Überzeugung des eigenen Gutseins und mit Petra Kelly, einer wiedergeborenen Jeanne d´Arc, hatten sie dazu auch noch eine passende Galionsfigur. Die Grünen waren einige Jahre relativ machtlos, aber nicht wirkungslos. Im Kampf gegen Atomenergie, Nato—Doppelbeschluss und gegen Großprojekte, wie den Ausbau des Frankfurter Flughafens, konnten sie außerparlamentarisch mitmischen und auch so etwas wie die Deutungshoheit im Land übernehmen. Den Grünen haben wir den Betroffenheitskult („Du, da bin ich jetzt aber echt betroffen“) zu verdanken und die deutsche Spielart der Political Correctness. Sage niemand, dass das nichts ist: Man muss nur einmal hören, wie auch konservativste CSU-Politiker vor laufenden Kameras Satzungetüme wie „Wählerinnen und Wähler“, „Verbraucherinnen und Verbraucher“ in den Mund nehmen, um zu begreifen, dass die Saat, die in den 80er-Jahren gesät wurde, aufgegangen ist. In der grünen Hochphase entwickelte sich ein Typus Mensch mit Wollpullover, Birkenstocksandalen und einem „Irgendwie“-Jargon („Du, das finde ich aber jetzt echt irgendwie nicht gut, was du da sagst“), ein Frauenversteher, ja ein männlicher Feminist, ein Ausländerfreund („Mein Freund ist Ausländer“), ein Müsli-Esser, der humorfrei und ironie-restitent allen Ernstes glauben machen wollte, sein „alternativer“ selbstgehäkelter Lebensstil, der nicht selten von den spießigen Eltern finanziert wurde, sei der einzig wahre. Die Grünen haben unsere Gesellschaft schon konditioniert, als es die Partei kaum über die Fünf-Prozent-Grenze geschafft hat. Der von ihnen geschürte Abwehrreflex gegen industrielle oder verkehrsbauliche Großprojekte ist so wirkmächtig, dass er mittlerweile in den rührseligsten heimatduseligsten Fernsehfilmen bedient wird. Dabei wurde und wird übersehen, dass es die Industrie ist, die unseren Wohlstand produziert, einen Überschuss an Geld und Gütern, an dem auch jene teilhaben, die die Mittel, die dazu beitragen, denunzieren. Auch eine Ente (2 CV) wurde am Fließband verfertigt und fährt mit Benzin. Geldprobleme sind so ziemlich das Letzte, womit es klassische Grünen-Wähler zu tun haben. Sie sind in Regel gutsituiert und können es sich leisten, in Bio-Läden fair gehandelte Waren einzukaufen und auf jene mit Verachtung zu blicken, die im Discounter das mit Folie und Styropor verpackte billige Hackfleisch aus der Kühltheke angeln. „Die Grünen“ haben sich für die soziale Frage nie interessiert. Als sie unter Gerhard Schröder mit an der Macht waren, haben sie tätig daran mitgewirkt, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander gegangen ist. Dass sie lernfähig sind, das haben sie in all den Jahren gezeigt, und gewiss haben sie hie und da auch Gutes bewirkt, aber vor allem haben sie die Öko- und Multikulti-Frömmelei in die Welt gesetzt, ohne die der Spagat zwischen hehren Ansprüchen und schnöder Lebenswirklichkeit wohl nicht auszuhalten ist. Und dann gibt es noch einen Grund, warum ich nicht „grün“ wähle. Er (der Grund) ist eine Sie, so scheint es zumindest, es ist Claudia Roth, die „intellektuell befreite Zone“ (Wiglaf Droste), das „Eichhörnchen auf Ecstasy“ (Harald Schmidt), die „Betroffenheitsnudel“ (Dr.Mabuse), die „Warze im Gesicht der Grünen“ (nochmal Dr. Mabuse).