Welturaufführung mit Cantus Juvenum
Kinderoper von Tsippi Fleischer
Durch ihr vielerlei Traditionslinien aus Geschichte und Gegenwart einbeziehendes Schaffen hat die 1946 im israelischen Haifa geborene Komponistin Tsippi Fleischer im In- und Ausland großes Ansehen erlangt. Ihr umfangreiches Werk, das Opern und Kantaten aber auch ein Musical, Kammermusik und elektronische Musik umfasst, greift Klangmaterial der arabischen und jüdischen Musik auf, um sie mit einer zeitgenössischen modernen westlichen Klangsprache zu verbinden.
So auch in ihrem jüngsten Werk Oasis, das nun in Karlsruhe uraufgeführt wird. Nie zuvor hatte sie eine Kinderoper geschrieben. Eine weithin beachtenswerte Premiere also für die Komponistin und den Cantus Juvenum, den anspruchsvollen, von Hans-Jürgen Kalmbach geleiteten Karlsruher Kinderchor, der das Werk in Auftrag gab. Nach halbjähriger Probezeit wird Oasis im November in der Evangelischen Stadtkirche am Marktplatz in Karlsruhe erklingen.
Die Oper spielt vor 4000 Jahren, zur Zeit der israelischen Wanderung durch die Wüste, und handelt vom Aufeinandertreffen israelischer und ägyptischer Kinder in einer Oase. Es ist eine Oper über die Stärke der Unschuldigkeit und Reinheit der Kinder, eine Kraft, die in der Regel von den Erwachsenen belächelt wird. Sie ist das knock-out für die Krankheit der Scheinheiligkeit, unter der heute die gesamte Menschheit leidet, sagt die Komponistin, die für ihre Arbeit die Einsamkeit der Wüste Sinai gesucht hatte. Die historische Geschichte wählte sie unter dem Eindruck der problematischen Gegenwart insbesondere auch in ihrer Heimat. Im September war die Künstlerin, die bereits wiederholt in Deutschland arbeitete und auch Texte in deutscher Sprache etwa von Elsa Lasker-Schüler vertonte, in Karlsruhe zu Gast, um ihre jungen Interpretinnen kennenzulernen. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, unterstützt durch ihre Schirmherschaft die jungen Sängerinnen bei dem deutschlandweit einzigartigen Projekt, wie Kantor der Stadtkirche Christian Markus Raiser betont.
Für die 70 mitwirkenden Kinder und Jugendlichen des Chores und ihren Regisseur Sebastian Stiebert freilich ist die Bewältigung der Uraufführung nicht die einzige Herausforderung, wird doch das rund 40-minütige Oasis einer weiteren Kinderoper gegenübergestellt: Brundibár des 1942 nach Theresienstadt deportierten und 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordeten tschechisch-jüdischen Komponisten Hans Krása. Das über 50 Mal im Konzentrationslager Theresienstadt aufgeführte Werk erklingt bereits am 9. November im Kulturzentrum Tollhaus bei der Gedenkveranstaltung zum 72. Jahrestag der Reichspogromnacht, in der Antisemitismus und Judenverfolgung in Deutschland 1938 einen bitteren, vorläufigen Höhepunkt fanden (siehe Tagestipp 9.11.). Die Aufführungen werden durch die Ausstellung Die Mädchen von Zimmer 28 ergänzt, eine dokumentarische Erinnerung an die Kinder des Ghettos Theresienstadt, die vom 4. bis 19.11. im Foyer des Karlsruher Rathauses zu sehen ist.
> Fr., 12.11.2010,um 18 Uhr, und Sa 13.11.2010, 15 Uhr, Evangelische Stadtkirche am Marktplatz, Karlsruhe