Ausstellung des Monats
Jeder Mensch ist ein Künstler formulierte einst Joseph Beuys sein Credo einer Gesellschaft als sozialer Skulptur, die es kreativ zu gestalten gilt. Jeder Künstler ist ein Mensch schleuderte ihm knitz Martin Kippenberger entgegen, der manchen wohlfeilen Slogan spöttisch aufs Korn nahm. Karola Kraus, die zu Monatsbeginn nach Wien wechselnde Leiterin der Baden-Badener Kunsthalle, kam das Statement des guten Freundes Kippenberger bestens zupass, damit ihre sehenswerte große Ausstellung über das Selbstporträt in der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu überschreiben. Während Beuys sich energisch und tatkräftig der besseren Zukunft entgegen schreitend zeigt, stellt sich Kippenberger selbst in die Schämecke, zwei Selbstdarstellungen, die in ihrer Haltung unterschiedlichere Positionen kaum ausdrücken könnten. Überraschend, dass in jüngerer Zeit diesem seit der Renaissance so wichtigen Genre des Künstler-Selbstbildnisses recht wenig Beachtung geschenkt wurde, hatte es doch in der von weitgehendem Skeptizismus geprägten Nachkriegszeit ganz neue Formen und Aussagen entwickelt: von der massenhaften Vervielfältigung des eigenen Bildes durch Andy Warhol bis zum körperlichen Expressionismus eines Bruce Nauman. Künstler wie John Baldessari, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Albert Oehlen, Katharina Sieverding, Jeff Koons, Cindy Sherman oder Andrea Fraser sind weitere Namen, die sich in der Baden-Badener Ausstellung finden.
> bis 21.11., Kunsthalle Baden-Baden, Lichtentaler Allee 8a, Di-So 11 bis 18 Uhr