Es ist so weit. Nach dem Auszug aus dem Prinz-Max-Palais, monatelanger Wartezeit und gelegentlichen Filmvorführungen an verschiedenen Orten eröffnet die Kinemathek Karlsruhe am 20. Oktober ihr neues Kino, das Studio 3 in der Kurbel (Kaiserpassage). Wie vorgesehen, werden auch die drei anderen Kinosäle im Haus den Spielbetrieb wieder aufnehmen. Zur feierlichen Eröffnung gibt es ein besonderes Filmprogramm.
Der Aufmacher ist eine Ausgabe der Wochenschau Blick in die Welt vom August 1957, aus der Woche in der die alte Kurbel eröffnet wurde. Der große Film des Abends ist dann Playtime von Jacques Tati, das anspruchsvollste Meisterwerk des Perfektionisten, das ihn an den Rand des Ruins brachte. Für seine Satire über modernes Bauen und Wohnen ließ er eine eigene Stadt errichten, die den Trabantenstädten, die in 60er Jahren auch um Paris rum hochgezogen wurden, zum Verwechseln ähnlich sieht. Gesprochen wird wenig in diesem Film, die Komik steckt in der Montage der Bilder und der Geräuschkulisse. Das Timing und die Präzision der Gags sind unübertroffen. (Playtime ist noch mal am 24. um 21.15 Uhr zu sehen).
Im weiteren Programm stehen ein paar bemerkenswerte Außenseiter-Produktionen. Da ist das Roadmovie Wie weit noch´ (21., 21.15 Uhr/22.,19 Uhr/23., 21.15 Uhr/24., 19 Uhr/26., 21.15 Uhr/27., 19 Uhr) aus Ecuador, in dem bei der unfreiwilligen Odyssee von Esperanza und Teresa, die sich zufällig im Überlandbus begegnen, viel über Land und Leute vermittelt wird. La Pivellina (28., 19 Uhr/29., 21.15 Uhr/30., 21.15 Uhr/31., 19 Uhr) ist die anrührende Geschichte eines Findelkindes, das von einer Zirkusfamilie in einem römischen Vorort aufgenommen wird, mit semidokumentarischen Impressionen vom Rand der Gesellschaft. Von dem türkischen Filmemacher Semih Kaplanoglu ist die Yusuf-Trilogie zu sehen. Yusuf, der junge Held des Berlinale-Gewinners Bal -Honig (27., 21.15 Uhr/28., 21.15 Uhr/30., 19 Uhr) steht in verschiedenen Altersstufen auch im Mittelpunkt der Filme Yumurtha (21., 19 Uhr/22., 21.15 Uhr), das bedeutet Ei, und Süt Milch (23., 19 Uhr/26., 19 Uhr). Alle Filme von Kaplanoglu fordern mit langen, statischen Einstellungen und wenigen Dialogen die Aufmerksamkeit und die Geduld des Zuschauers. Zur Eröffnung des Kinderkino am 23. stellt der Regisseur Rolf Losansky, einer der bekanntesten Vertreter der Kinderfilmsparte der DEFA, der Filmgesellschaft der DDR, seinen Film Friedrich und der verzauberte Einbrecher aus dem Jahre 1996 vor in Begleitung von Christa Kozik, der Autorin der Romanvorlage und des Drehbuchs. -ko