Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 07.2010
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Filme im Lichthof vom Kunstverein

Über Drogenesser, Mörder und Poeten

Ein aus dem Rahmen fallendes Sommerprogramm im Lichthof des Badischen Kunstvereins hat sich die Kinemathek für diesen Sommer vorgenommen.
Allabendlich von DI-Fr gibt es ab dem 15.7. passend zur mit Transzendenz und Bewusstseinserweiterung spielenden Kunstvereinsausstellung das Programm „Beyond The Frame“, das in Spiel-, Dokumentar- und Experimentalfilmen kinematografische Erkundungsreisen in die Grenzgebiete von Realität und Vision unternimmt. Kreuz und quer durch die Filmgeschichte geht der Trip teils bekannterer, teils höchst rarer Streifen, in denen es um Drogen und Jugendkultur, Exzesse und Heilungen, Krudes und Bizarres, Fantastisches und Gewaltiges, Rituale und Magisches geht. Den Auftakt macht am 15. (auch 20.) Janet Formans hochgelobte Filmdokumentation „The Beat Generation“, die 1998 mit Jack Keruac, Allen Ginsberg, Amiri Baraka, Timothy Leary und William S. Burroughs die Verteter eines einflussreichen, untergründigen amerikanischen Traums zu Wort kommen ließ. „Reefer Madness“ (22. und 27.), zu deutsch „Kifferwahn“ aus dem Jahr 1938 wollte ursprünglich ein von christlichen Gruppen finanzierter Anti-Drogen-Propagandafilm sein. Stattdessen erlangte die tragische Geschichte von braven High-School-Schülern, die nach dem Genuss von Cannabis vergewaltigen, sich gegenseitig umbringen und dem Wahnsinn verfallen, zum Drogenthriller, der auch einer parodistischen Version und einem Musical als Vorlage diente. Als zeitgenössisches Gegenstück hierzu erscheint Larry Clarks „Kids“ (16. und 21.), der die Jugendkultur im New York der 1990er-Jahre beschreibt, in der Hip-Hop, Trendsportarten wie Skateboardfahren, Partys, Drogen, Sex und AIDS die Hauptrollen spielen. Der Film bezieht seine überzeugende Authentizität nicht zuletzt durch die von der Straße weg gecastete Darstellerriege, die teilweise mittlerweile ihrer eigenen Perspektivlosigkeit tödlichen Tribut zollte und sich mit Hilfe überdosierter Drogen oder auf anderem Wege ins Jenseits katapultierte. Dort treffen sie vielleicht auf die beiden Opfer jener spektakulären Morde, die der amerikanische Avantgarde-Filmer James Manning in seiner kühl-sachlichen Analyse von Geographie und Gewaltverbrechen „Landscape Suicide“ als Beispiele heranzieht (28.). Für avantgardistische Filme, aber auch ansonsten als Schrecken der Investoren und Enfant terrible in allen Gassen bekannt ist der Schauspieler, Pantomime, (Comic-)Autor und Regisseur Alejandro Jodorowsky, der in „Montana Sacra - Der Heilige Berg“ (24. und 30.) 1973 eine von exzessiver Gewalt und völlig pervertierten Religionen gekennzeichnete Welt entwirft. Wesentlich erbaulicher dagegen ist Michael Oppitz‘ dreistündige Dokumentation „Schamanen im Blinden Land“ (17. und 23.), die als einer der „bedeutendsten deutschen ethnographischen Filme“ gilt und die grossen Linien einer asiatischen Tradition des Schamanismus in faszinierende Bilder bannt. Der bei der Berlinale 2009 ausgezeichnete Film „Love Exposure“ des Japaners Sion Soni, der einerseits in seiner opulenten Form alle Rahmen sprengt und den Sehgewohnheiten zuwider läuft, anderseits aber nichts mehr oder weniger als eine schlichte Liebegeschichte erzählt, komplettiert am 29. und 31. das Programm, das im August unter anderem mit Filmen von Kenneth Angers, Ulrike Ottinger, Glauber Rocha und vielen anderen fortgesetzt wird.

> „Beyond The Frame“, 15.7. bis 4.9., Badischer Kunstverein, Karlsruhe, Waldstraße 3

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