Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 02.2010
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RaumZeit - Theaterstück

Entfesselt im Jugendknast

Bild - RaumZeit - Theaterstück
Als Theaterpädagoge arbeitet André Uelner in Ludwigshafen in einem JobAct-Programm unter anderem mit straffällig gewordenen Jugendlichen. Mit dem sozialpädagogischen Vehikel des Theaterspielens sollen die Jugendlichen soziale Kompetenzen erwerben, der Theatermann hingegen lernt in dieser Arbeit viel, was er nun als Regisseur am Karlsruher Sandkorn-Theater gut gebrauchen kann. Klappe Auf unterhielt sich mit André Uelner, der gerade die Uraufführung des im vergangenen Herbst mit dem Jurypreis des zweiten Sandkorn-Autorenwettbewerbs ausgezeichneten Stückes „RaumZeit - Entfesselt im Jugendknast“ vorbereitet.

Das auf Christian Linkers gleichnamigen, 2003 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierten Roman basierende Theaterstück ist das dicht an der Realität erzählte Portrait eines jungen Mannes im Knast und zugleich die Geschichte einer großen Liebe. Tim sitzt im Gefängnis - zwanzig Monate Jugendstrafe. Statt Partys, Freunden und Mädchen beherrschen Misstrauen, Einsamkeit und Monotonie seine Tage, dazu kommt der tägliche Kampf, sich unter den Mitgefangenen durchzusetzen und nicht in gewaltsame Auseinandersetzungen zu geraten. Gerade was den Umgang der Jugendlichen untereinander, vor allem auch die Körpersprache angeht, kann Uelner hier auf authentische Erfahrungen zurückgreifen. Aber auch den Umgang der betreuenden Erwachsenen, der eher dem Abarbeiten eines verwaltungstechnischen Katalogs, denn einem menschlichen Aufeinanderzugehen gleicht, hat Uelner den realen Vorbildern abgeschaut.

Im Stück, das das Sandkorn Theater für Menschen ab 14 Jahren empfiehlt, arrangiert sich Tim mühselig mit den Umständen, bis etwas passiert, was eigentlich gar nicht passieren kann, und er sich verliebt. In Martha, die von „draußen“ kommt und dank Integrationsprogramm einmal wöchentlich im Knast auftaucht. Der Hunger nach Leben erwacht in Tim und er denkt nur noch an Flucht. „Interessant finde ich besonders, wie sich in solch einer Situation der Faktor Zeit relativiert“, sagt Uelner. „Der Hauptdarsteller befindet sich vergleichbar einer physikalischen Versuchsanordnung in einer geschlossenen Kammer, einer Art Brennofen, in dem er auf die unterschiedlichen Einflüsse reagiert und sich selbst verändert.“

Dabei sind in „RaumZeit“ Gut und Böse nicht wie Schwarz und Weiß voneinander geschieden. „Es ist ein sehr feines Stück mit vielen Grauabstufungen. Es handelt von Wünschen, Träumen und Ängsten und hat gerade für Jugendliche einen hohen Wiedererkennungswert“, sagt Uelner, etwa was typische Vermeidungsstrategien oder den Zwiespalt angeht, der daraus resultiert, dass man aus Angst vor Kränkung niemanden zu nah an sich heranlassen möchte und gleichzeitig innerlich doch nach Liebe schreit. Trotz der gewaltaufgeladenen Atmosphäre im Jugendknast handelt es sich bei „RaumZeit“ von Christian Linker und Stefan Filipiak um kein plakatives Anti-Gewalt-Theater, sondern eher um ein Stück über die Identitätsfindung eines durchaus sympathischen jungen Menschen in einer problematischen Situation: „Ehrlich, ohne falschen Kitsch, realistisch und respektvoll, mit der Botschaft, dass man Entscheidungen treffen muss.“

> Premiere Do 25.2., Sandkorn-Fabriktheater, Karlsruhe, Kaiserallee 11, 19.30 Uhr, Lehrersichtveranstaltung Mi 24.2., 19.30 Uhr

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