Der Lyriker und Erzähler Matthias Kehle, nebenbei langjähriger Klappe Auf-Mitarbeiter, ist vor kurzem zum neuen Vorsitzenden des Landesverbandes des Schriftstellerverbandes (VS) gewählt worden. Aus diesem Anlass sprach Klappe Auf mit ihm über den VS, der im Sommer 2009 seinen vierzigsten Geburtstag feierte, und über sein Doppelleben als freier Schriftsteller und Verbandsfunktionär.
Was ist der VS und welche Rolle spielt darin der Landesverband Baden-Württemberg´
Der Verband deutscher Schriftsteller (VS) ist der Berufsverband der Schriftsteller und als solcher an Verdi angegliedert. Bundesweit hat der VS etwa 4000 Mitglieder, in Baden-Württemberg sind es 300, darunter viele prominente Autoren wie Martin Walser, Walter Jens, Harald Hurst oder Markus Orths.
Wer kann im VS Mitglied werden und was leistet er´
Autoren, die mindestens ein Buch, ein Hör- oder Fernsehspiel oder eine größere Anzahl verstreuter Veröffentlichungen nachweisen können. Allerdings keine Publikationen in Selbst- oder Bezahlverlagen. Wie Kassiererinnen oder Bierbrauer wollen auch Schriftsteller genügend verdienen und sozial abgesichert sein. Dafür engagiert sich der VS. Er berät die Bundesregierung in Sachen Urheberrecht oder Künstlersozialkasse, Kommunen oder das Land bei Literaturtagen und er ist in Jurys vertreten. Der VS bezieht auch kulturpolitisch Stellung. Beim Kampf um den Erhalt der Badischen Handschriften etwa.
Was hat dich dazu motiviert, dich im VS zu engagieren und nun sogar die Leitung des Landesverbandes zu übernehmen´
Ich war schon immer nicht nur Autor und Journalist, sondern auch Literaturvermittler. Mir ist es wichtig, dass meine Kollegen gelesen werden, dass sie öffentlich auftreten können, dass umgekehrt Leser Spaß an Literatur haben, und zwar nicht nur an den Bestseller-Schmonzetten. Mich freut es, wenn sie bemerken, dass wenig bekannte Autoren oft bessere Bücher schreiben als die hochgejubelten. Den Chefposten habe ich nach zwölf Jahren Vorstandsarbeit deshalb übernommen, weil ich in den letzten Jahren ohnehin die meiste Arbeit gemacht habe.
Welche Akzente kann man als Vorsitzender setzen´ Gibt es bestimmte Vorhaben, die du realisieren möchtest´
Wir müssen natürlich gegen die Kürzungen im Kulturbereich kämpfen. Und zwar solidarisch mit den anderen Künsten. Ich hoffe, dass alle Kulturschaffenden einsehen, dass es um die Wurscht geht und wir notfalls gemeinsam auf die Straße müssen. In Stuttgart hat das funktioniert, da wurden die geplanten Kürzungen nach heftigen Protesten deutlich abgemildert. Was Karlsruhe betrifft, so will ich zeigen, dass wir in einer richtigen, waschechten Literaturstadt leben. Zusammen mit Thomas Lindemann vom Info-Verlag bereite ich ein neues Karlsruher Lesebuch vor. Man wird erstaunt sein, wieviele unterschiedliche Autoren hier leben.
Leidet unter der VS-Arbeit nicht die eigene schriftstellerische Arbeit´ Was hat sich der Schriftsteller und Journalist Kehle im neuen Jahr vorgenommen´
Ich bin ein sehr disziplinierter Mensch und kriege normalerweise ziemlich viel auf die Reihe. Als Lyriker kann man sich sowieso nicht einfach hinsetzen und sagen: So jetzt schreibe ich ein Dutzend Gedichte. Gute Gedichte brauchen Geduld. Bis zum Ende des Jahres soll ein neues Lyrik-Manuskript fertig sein. Vielleicht erscheint 2011 oder 2012 auch noch ein amüsantes, skurriles Sachbuch zum Thema Wandern. Falls ich zusammen mit meinem Co-Autor Mario Ludwig dafür einen Verlag finden sollte. Der Journalist Kehle wünscht sich tolle Reportagen, Porträts oder Kritiken für die Klappe Auf, für die ich nun bald zwanzig Jahre schreibe.