Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 11.2009
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Die Spiegelfechter

Kabarett für Karlsruhe

Seit 20 Jahren gibt es in Karlsruhe Die Spiegelfechter und seit 10 Jahren hat die kleine Truppe um den Schauspieler, Texter und Kabrettisten Ole Hoffmann mit dem knapp 100 Menschen fassenden Kabarett in der Orgelfabrik eine eigene Spielstätte. Viel besser könnte die Bilanz nicht ausfallen. Strahlt Hoffmann doch trotz stetig wachsender Belastung durch den bürokratischen Aufwand den das Betreiben des eigenen Hauses, das neben eigenen Produktionen auch zahlreiche Gastspiele beherbergt, rundum Zufriedenheit aus: „Es läuft sehr gut, gerade auch, wenn man mit den Kollegen vergleicht.“

Bis zu 10.000 BesucherInnen jährlich verzeichnet die Statistik für den stimmungsvoll hergerichteten Saal mit Bühne und Bar im Obergeschoss des Kulturzentrums Orgelfabrik. „Wir haben ein sehr gemischtes, aber treues Publikum, wir kennen viele unserer Besucher“, sagt der Kabarettist, der in diesem Monat als Solist mit einer neuen Spiegelfechter-Produktion auf die Bühne geht.

So rosige Aussichten waren für das politische Kabarett, dem sich Hoffmann verpflichtet fühlt, nicht immer gegeben. Gerade vor zehn Jahren, als man damals auch gegen den Widerstand der Durlacher Vereine, die lieber eine stadtteilbezogene Nutzung des Raumes gesehen hätten, das Kabarett installierte, war die Comedy-Welle auf ihrem Höhepunkt, wer Kabarett machte, galt als Altmeister oder altbacken, und Nachwuchs gab es damals praktisch nicht. Heute ist das anders. Es gibt eine Fülle junger KabarettistInnen, das Fernsehen hat so viele Sendeplätze für das Kabarett wie nie und die Fans des Genres reichen von 20 bis 80 Jahren.


Aber auch das Kabarett hat sich in dieser Zeit verändert. Es hat sich stark theatralischen Formen geöffnet, Überläufer aus der Poetry-Slam-Szene setzen neue Akzente und auch zur Comedy-Szene gibt es mittlerweile einen eher fließenden Übergang. Geblieben ist dem Kabarett jedoch der Anspruch, nicht nur durch Witze zu unterhalten, sondern auch einen Inhalt zu transportieren.

„Der Anarchie im Kopf einen Weg zu bahnen“, nennt Hoffmann das Ziel der kabarettistischen Infragestellung. Einen gestiegenen Bedarf nach kritischen Inhalten sieht die Anfangdreißigerin Marion Lichti - sie ist seit sieben Jahren bei den Spiegelfechtern - gerade bei den Angehörigen ihrer Generation: „Mittelfristige Bedrohungen wie die Klimakatastrophe sind uns Jüngeren viel bewusster, weil wir ihre Auswirkungen vermutlich noch erleben werden.“ Die Illusionen ihrer Anfangstage, mit dem Kabarett etwas konkret verändern zu können, hegt sie nicht mehr: „Wenn wir hier für eine Nummer über die Atomindustrie beklatscht werden, werden die wenigsten nach Hause gehen und sofort zu einem grünen Stromanbieter wechseln.“

Dagegen habe das Kabarett als „Überdruckventil“ eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Überhaupt eine Art Insel zu schaffen als Plattform für Menschen und kritische Gedanken, davon hatte Ole Hoffmann vor zehn Jahren geträumt. Diesen Ort geschaffen zu haben, findet er heute fast als wichtiger, als selbst auf der Bühne zu stehen. Dritte im Bunde ist seit 2007 Yodit Riemersma, mit der gemeinsam Hoffmann und Lichti, die sich seit einem knappen halben Jahr auch um den allerjüngsten Kabarettnachwuchs namens Jakob kümmert (www.marion-lichti.de), im kommenden Frühjahr ein neues Programm herausbringen wollen, das derzeit den Arbeitstitel „Unsinkbar 2“ trägt.

Zunächst jedoch blickt Ole Hoffmann in „Erst mal schauen - dann mal sehen“ genau darauf, was man im Allgemeinen gerne übersieht, was sich vielfach im Kleingedruckten versteckt oder ganz großzügig gleich falsch angegeben wird - im kleinen Alltag und in der großen Politik. > Spiegelfechter-Premiere „Erst mal schauen - dann mal sehen“, Sa 28.11., Kabarett in der Orgelfabrik, Karlsruhe-Durlach, Amtshausstraße 17, 20.15 Uhr

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