Einer Frau wird das Baby entrissen, Stöcke werden zu Gewehren, ein Junge fällt um und windet sich in Qualen. Am Ende sitzen sie da, fragend und fordernd, als Betroffene und als Tänzer. Es handelt sich um die Memories of Child Soldiers ein Tanzprojekt, dass ein äußerst bedrückendes Thema anspricht: Kindersoldaten.
Mindestens 250 000 Kinder werden derzeit weltweit dazu gezwungen, ihre Spielsachen gegen Waffen zu tauschen und unter grausamen Bedingungen Kriegsdienst zu leisten. Es handelt sich zum Teil um erst Acht-Jährige, deren brutale Erlebnisse und psychologische Traumata sie ein Leben lang verfolgen. Nöte und Erinnerungen der Kindersoldaten hat die in Heidelberg lebende Choreographin und Tänzerin Valérie Miquel recherchiert und eine Tanz- und Videoperformance geschaffen, die so schnell niemand vergisst.
Alles fing im vergangenen Jahr an, als Miquel vom Goethe-Institut und der Alliance française den Auftrag erhielt, in Uganda mit Mitgliedern des Nationalballetts ein Tanzstück zum Thema zu erarbeiten. Eine große Herausforderung, wie sie heute sagt, denn neben der schweren Thematik kannte sie weder das Land noch ihr neues Ensemble. Auf den Spuren der ehemaligen Kindersoldaten reiste sie durch Uganda und hat sich mit ihnen über ihr Schicksal unterhalten. Aus diesen Begegnungen sind Video-Sequenzen entstanden, die die aktuelle Tanzperformance begleiten. Die Premiere in Uganda wurde mit großer Begeisterung aufgenommen und für Miquel war klar, das Projekt dürfe nicht enden. Deshalb gründete die gebürtige Französin die Burudani Dance Company.
Das Wort Burudani wurde aus dem Suaheli entnommen und heißt soviel wie Austausch von Energie. Damit meinen wir die Energie zwischen der Choreographie und den Tänzern, zwischen der Bühne und dem Publikum, zwischen dem Tanz und der Wirklichkeit, merkt Miquel an. Mit neun Tänzern gelingt es der Choreographin bei aller Drastik des Themas das zum Ausdruck zu bringen, an was es den Kindern am meisten fehlt, menschlicher Wärme und Geborgenheit.
Dabei lehnt sich Miquel an Stile des zeitgenössischen Tanztheaters, mischt Sequenzen, die ein wenig an Maurice Béjart erinnern mit afrikanischen Elementen. Ihr ganzes Lob gebührt ihren ugandischen Mit-Tänzern, sie seien voller Energie, mit hundertprozentiger Hingabe, sehr kraftvoll und emotional zugleich: Die Zuschauer werden total platt sein.
> Mi 1.10., Tollhaus, Karlsruhe, 20.30 Uhr