In den letzten Jahren habe ich Georg Fricker immer wieder getroffen. In irgendeiner Ecke seines Kinos, der Schauburg, saß er, mit der unvermeidlichen Baseballmütze auf dem Kopf. Merklich stiller und ruhiger geworden als früher.
Wir haben ein paar Worte gewechselt, nicht alles habe ich verstanden. Seine Artikulationsfähigkeit, die ohnehin nie die beste war, schien unter dem Schlaganfall gelitten zu haben. Dass auch noch der Krebs seine Lebensenergie aufzehrte, habe ich erst nach seinem Tod erfahren.
Das Kino, das für immer mit seinem Namen verbunden bleibt, hat ihn nie ganz los gelassen, auch als er bereits über ein Refugium im sonnigen Kalifornien verfügte. Selten hab ich ihn im Kinosaal selbst gesehen. Georg Fricker sorgte lieber dafür, dass der Laden lief. Ohne ihn gäbe es die Schauburg nicht mit ihrem tollen, vielfältigen, liebevoll zusammengestellten Programm und auch nicht das Freiluftkino beim Schloß Gottesaue, eines der größten und schönsten seiner Art weit und breit. Was aus den Plänen für ein Multiplexkino geworden wäre, ohne dass er zusammen mit Kieft & Kieft die Sache in die Hand genommen und mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit den Bau des Filmpalastes am ZKM gegen alle Hürden und Widerstände vorangetrieben hätte, ist reine Spekulation.
Dass dieses Großkino einer Großstadt wie Karlsruhe gut zu Gesicht steht, kann nicht mal bestreiten, wer immer noch das versprochene 3D-Kino und die ebenfalls in Aussicht gestellte kulturelle Verknüpfung mit dem ZKM und der HfG vermisst.
Die besonderen Kinoerlebnisse gab und gibt es aber nur in der Schauburg, lange Filmnächte, ob mit Star Trek oder mit Edgar Reitz´ Heimat, großes Hollywoodkino in Cinemascope und Technicolor, Kultfilme, die in der Schauburg immer noch eine Spur kultiger wirkten als anderswo, man denke nur an die Rocky Horror Picture Show oder an Sauras Carmen, an die Nachtprogramme mit Russ Meyer-Filmen, die DDR-Filmwoche kurz nach dem Mauerfall, das Prager Schwarzlichttheater auf der Schauburgbühne usw. usf.
Ende der 80er Jahre sollte er durch einen von einem missgünstigen Konkurrenten initiierten Verleihboykott ausgehungert werden. Doch Georg Fricker hat sein Recht erstritten, die Filme zeigen zu dürfen, die er zeigen wollte.
Die gesellschaftliche Anerkennung des kommerziellen Kinos Schauburg war ihm ein Herzensanliegen, darum mischte er mit bei den Kulturmarkt und bei den Kulturtagen, darum keilte er immer wieder gegen die Kinemathek als subventioniertes quasi-kommunales Kino.
Das gängige Attribut nett fällt einem nicht als erstes ein, wenn man an Georg Fricker denkt, der am 9. Juni im Alter von 72 Jahren gestorben ist, aber ich kenne wenige, die mehr zur Lebensqualität und zur kulturellen Attraktivität dieser Stadt beigetragen haben. Karlsruhe ohne die Schauburg das ist undenkbar. - Peter Kohl