Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 03.2008
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Go easy Go Bahn

„Sänk Ju Vor Trävelin Wiss Deutsche Bahn“.
Danke auch, aber schließlich habe ich viel Geld hingelegt, um mit der Deutschen Bahn zu fahren, jedes Jahr ein bißchen mehr und die nächste Preiserhöhung – wie Bahnchef Hartmut Mehdorn gleich nach Abschluß der ätzend lang sich hinziehenden Tarifverhandlungen mit der Lokomotivführergewerkschaft verkündete – lässt wohl nicht lange auf sich warten.
Bei allem Verständnis für die Forderungen der Lokführer hätte ich noch mehr Verständnis für Extra-Lohnforderungen der Zugbegleiter (vormals Schaffner) aufgebracht, die genötigt werden ihre Ansagen in deutscher und englischer Sprache zu machen. Das bringt so manchen wackeren Bahnbediensteteten schwer ins Schwitzen, vor allem, wenn Unvorhergesehenes passiert, das er nun imaginären englischsprachigen Fahrgästen verklickern soll.
Wie sagt man eigentlich auf Englisch, dass eine Leiche auf den Gleisen die Weiterfahrt behindert´ Als regelmäßiger Bahnfahrer habe ich das sichere Gefühl, dass dieser neue Service weitgehend ins Leere geht, denn viele mitreisende Zeitgenossen, die auf Englisch als Verständigungsmittel angewiesen sind, habe ich dabei noch nicht wahrgenommen.
Woher ich das weiß´ Ich habe Ohren zum hören, die ich allerdings am liebsten bei Antritt der Zugfahrt zuklappen würde (was die Natur aber dummerweise nicht vorgesehen hat). Während einer Bahnfahrt werde ich nämlich nicht nur Ohrenzeuge von Dialogen zwischen benachbarten Fahrgästen, wogegen, wenn sie in normaler Lautstärke geführt werden, nichts zu sagen ist, sondern auch von Handy-Telefonaten. Viele dieser Gespräche ziehen sich hin, denn die Verbindungen in einem fahrenden Zug, zumal auf einer tunnelreichen Strecke, sind nicht die besten.
So werden diese Gespräche auch, seien sie nun privater oder geschäftlicher Natur, lautstark geführt, und das ganze Abteil bekommt mit, dass der Hund krank ist oder ein Geschäftstermin „gecancelled“ werden muss. Beides interessiert mich nicht die Bohne, das unfreiwillige Mithören reisst mich aber immer wieder aus meiner Lektüre heraus; hinzu kommen noch Spannungskopfschmerzen ausgelöst vom Gezischel und Gewummer aus den diversen Kopfhörern um mich herum.
Kopfhörer-Stöpsel in den Ohren gehören wohl zur Teenager-Grundausstattung und werden auch später nicht mehr abgelegt. Deshalb ein kleiner Vorschlag zur Güte: Könnte man nicht Abteile für Lärmeerzeuger einrichten, damit die Handy-Schwätzer und Walkmänner unter sich sind, und die übrigen Fahrgäste ihre Ruhe haben. Die Trennwände, mit denen früher Raucher von Nichtrauchern geschieden wurden, sind schließlich noch da.
Früher habe ich als Zigarillo paffender Gelegenheitsraucher diese Abteile aufgesucht, in denen immer noch ein Plätzchen frei war im ansonsten gerammelt vollen Zug. Aus und vorbei, auch diese menschenfreundliche Einrichtung wurde geopfert einem Gesundheitswahn, der kurz darauf auch noch Kneipen und Restaurants heimsuchte. Doch während man da noch mit dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit nichtrauchender Gäste argumentieren mag, stellt sich bei dieser Maßnahme der Bahn die Frage, wer da eigentlich vor wem geschützt werden soll. Ich habe noch nicht davon gehört, dass das Durchqueren eines Raucherabteils bei den Fahrgästen zu nachhaltigen Gesundheitsschäden geführt hat.
Was sollen Raucher, die mit der Bahn reisen, machen, wenn sie ihren Lasten frönen wollen´ Mal schnell bei voller Fahrt vor die Tür treten´ So fördert die Deutsche Bahn die Gesundheit der Deutschen und den Individualverkehr. Wenn der Bahnpreis weiter ebenso steigt wie der Benzinpreis gibt es eigentlich keinen Grund das Auto stehen zu lassen. Das eigene Automobil fragt einem bei Reisenantritt auch keine Löcher in den Bauch wie die neuen Fahrkartenautomaten, mit denen die Deutsche Bahn ihre gar nicht so alten Automaten ersetzt hat, mit denen man gerade klar gekommen ist.
Wer die Karten noch ganz altmodisch am Schalter lösen will, dem kam es passieren, dass er in Zeitnot gerät. Als Letzter der Schlange hat man schließlich keinen Einfluss darauf, wie schnell man ans Ziel kommt. Es kann sogar sein, dass ein einziger Vordermann, der seine Tante in Hintertupfing besuchen will zu einem nur an den ungeraden Feiertagen gültigen Sondertarif für mittelschwer behinderte Frührentner, unter Anrechnung der Bahncard seines Cousins zweiten Grades, dass dieser einzige Mensch, der zwischen einem selbst und dem Schalterbediensteten steht, letzteren, der von dieser Regelung nie etwas gehört hat, derart ins Schwimmen bringt, dass der Zug schon abgefahren ist, wenn die Frage des Sondertarifs geklärt ist und man endlich selbst an die Reihe kommt.
Da ich gerade so schön in Fahrt bin, noch eine Frage: Kann es sein, dass die Bahn ihr Platzangebot für Normalreisende heimlich, still und leise reduziert hat. Vor einiger Zeit habe ich noch regelmäßig einen freien Sitzplatz gefunden. Mittlerweile muss ich lange suchen und oft genug muss ich mit einem Stehplatz vorlieb nehmen, neben einem Klo, das gerade defekt ist oder vor dem Zugbistro, das leider gerade geschlossen ist.
Trotzdem: Danke schön Deutsche Bahn, das ich mit dir fahren darf.