Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 02.2008
Verschiedenes Meldungen

 

Franco Fagioli

Argentinier als Julius Cäsar

Er ist ein aufsteigender Stern am Himmel der Barock-Enthusiasten. Seit Franco Fagioli 2003 den ersten Preis beim renommierten Bertelsmann-Gesangswettbewerb „Neue Stimmen“ gewann, ist der 26-jährige Countertenor ein vielgefragter Gast auf den Opernbühnen Europas. In Karlsruhe ist der junge Argentinier am 22. in der Titelrolle von Händels Oper “Julius Cäsar“ zu erleben, mit der die 31. Händel-Festspiele eröffnet werden.

Als Elfjähriger begann Fagioli in seiner Heimatstadt San Miguel de Tucumán im Norden Argentiniens in einem kirchlichen Jungenchor zu singen. Mit zwölf erhielt er zusätzlich Klavierunterricht und wollte Pianist werden, mit 15 war er begeistert vom Dirigieren. Die Freude am Singen aber blieb. Immer wieder setzte er spielerisch die hohe Kopfstimme ein, auch nach dem Stimmbruch. „Ich wusste damals gar nicht, dass es das Stimmfach des Countertenors gibt“, erzählt der Sänger. Gerade als er es beim Hören der Aufnahme einer Stabat-Mater-Vertonung quasi entdeckte, machte ihn ein Gesanglehrer auf seine eigene Begabung aufmerksam. 18-jährig beschloss er Privatstunden bei einer Sopranistin zu nehmen - mit Erfolg: 2001 errang Fagioli beim nationalen Gesangswettbewerb in Buenos Aires auf Anhieb den ersten Preis. Er blieb in der Hauptstadt, um seine Ausbildung am Operninstitut des Teatro Colon fortzusetzen, an dem er wenig später auch sein Operndebut als Solist gab. „Diese Schritte waren alle folgerichtig, und ich war sehr glücklich“, erinnert sich Fagioli. Als seine Laufbahn beim Neue-Stimmen-Wettbewerb in Gütersloh mit dem ersten Preis geadelt wurde, fühlte er sich jedoch, „gleichzeitig glücklich und schwer gedrückt von der Verantwortung“, über seinen weiteren künstlerischen Weg zu entscheiden. Die Aufmerksamkeit der Fachwelt für den Preisträger war groß und er erhielt viele Angebote. Er entschied sich für ein erstes Engagement bei den Händel-Festspielen in Halle und für die Arbeit in Europa. „Seither teile ich mein Leben zwischen Europa und Argentinien“, sagt er lachend. „Für Barocksänger gibt es in Europa mehr Arbeitsmöglichkeiten“, betont Fagioli. Am Opernhaus Zürich sang er unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, er war in Oslo, Paris und Genua zu Gast und 2005 als „Idelberto“ in „Lotario“ erstmals bei den Händel-Festspielen in Karlsruhe zu hören. 2007 gab Fagioli sein Debut bei den Salzburger Pfingst-Festspielen und erzählt mit strahlenden Augen, es sei eine „unglaubliche und aufregende Erfahrung mit dem großen Riccardo Muti zu arbeiten“. Auf Wunsch von Muti wird Fagioli in diesem Jahr wieder in Salzburg zu hören sein. Zunächst jedoch freut er sich auf seinen „Julius Cäsar“ am Badischen Staatstheater: „Es ist eine wundervolle Rolle, jeder Countertenor wartet auf sie, sie ist wie die Traviata für eine Sopranistin“. „Die Epoche des Barock bedeutet Liebe, Leidenschaft, Theater - alles“, schwärmt der Sänger. Doch er ist auch offen für die Literatur des 20. Jahrhunderts, so sang er in Bonn den Oberon in Benjamin Brittens „A Midsummer Night's Dream“ und hört spanische Balladen so gerne wie die Pop-Hits der 80-er Jahre. Als Traumrolle nennt der junge Sänger Händels „Rinaldo“ - „er wäre perfekt für meine Stimme“. afr