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Archiv: 01.2008
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Worte und Unworte des Jahres 2007

Bild - Worte und Unworte des Jahres 2007
„Klimakatastrophe“ ist das Wort des Jahres. Als ich das hörte, war ich mir gar nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe, ob es nicht Unwort des Jahres heißen sollte. Das gibt es schließlich auch. Aber das eine muss das andere nicht ausschließen. Auch ein Unwort ist ein Wort und so gesehen gebührt „Klimakatastrophe“ der erste Platz in beiden Rubriken. „Klimawandel“, das ist ein Begriff für Weicheier und Warmduscher, beim Wort „Klimakatastrophe“, das sich auch prima für „Bild“-Schlagzeilen eignet, kommt Stimmung auf, aber was für eine - Panikstimmung. Und ob die unser Denken und Handeln beflügelt, um die negativen Folgen des Klimawandels in den Griff zu bekommen, möchte ich mal bezweifeln. Es liegt mir übrigens fern, das kommende Wetter schön zu reden, aber eines würde ich doch gerne mal von einer Expertenrunde erfahren: An welches Katastrophenszenario soll man sich nun eigentlich halten, an das von der zunehmenden Klimaerwärmung durch den CO2-Ausstoß oder an das von der Vereisung Nordeuropas und den kälteren Temperaturen in Mitteleuropa nach dem Versiegen des Golfstroms (Roland Emmerich hat diese Variante recht eindrucksvoll in seinem Katastrophenfilm „The Day After Tomorrow“ bebildert)´ Wissen möchte ich auch, ob es eventuell möglich wäre, dass beide Katastrophen gleichzeitig auftreten, sich so gegenseitig aufheben und wir uns weiter behaglich in unserer gemäßigten Klimazone einrichten können. Und noch eines gibt mir bei der gegenwärtigen Klimadiskussion zu denken: Wenn man schon mit dem Begriff der Klimakatastrophe operiert, ist es dann nicht so, dass diese Katastrophe in Ländern wie China mit Großstädten, in denen man das ganze Jahr den Himmel nicht zu Gesicht bekommt, schon eingetreten ist´ (Außerdem möchte ich noch einmal feststellen, dass das Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten ein Schildbürgerstreich, ein Bärendienst für die Gastronomie und für das Klima ist, man denke nur an die Heizpilze, von den Lärmemissionen vor der Tür stehender Raucher gar nicht zu reden.)

Aber bevor sich bei meinen Lesern Katastrophenstimmung ausbreitet, komme ich zu einem der komischen, erheiternden Aspekte des vergangenen Jahres. Wäre mir in der April-Ausgabe irgendeiner Zeitschrift, eines sogenannten Lifestyle-Magazins z.B. ein Artikel über Boris Becker als Erziehungsberater vorgesetzt worden, hätte ich das für einen besonders gelungenen raffinierten Aprilscherz der Redaktion gehalten. Ha, ha, ha, ausgerechnet Boris Becker, der in der Welt herumjettende Vermarkter längst vergangenen Tennisruhms, der sich gerne mit wechselnden exotischen Schönheiten an den schönsten Orten dieser Welt tummelt und es auf diese Weise auch immer wieder auf die Titelseiten der Klatschpresse schafft, ausgerechnet dieser rotblonde, sommersprossige Windbeutel will den schwer arbeitenden, ortsfesten Vätern dieser Welt sagen, „was Kinder stark macht“. Er hat es aber tatsächlich getan: Das Buch ist auf dem Markt und Herr Becker, gerade vierzig Jahre alt geworden, erhält ausführlich Gelegenheit, in Talkshows und Interviews dafür und damit auch mal wieder für sich zu werben. „Ich bin drin“, das ist nicht nur der bekannteste Werbespruch, der ihm in den Mund gelegt wurde, das scheint auch sein Lebensmotto zu sein. Und wer weiß vielleicht erscheint ja in einigen Jahren ein Buch von ihm, in dem er erklärt, wie die Klimakatastrophe abzuwenden ist. Als Tonnen von Kerosin verfliegender Papa, der mal die Söhne in South Beach, dann die Tochter in London heimsucht, ist er schließlich auch dafür Experte.(Übrigens: Mir ist mal der Erziehungsratgeber eines Australiers in die Hände gefallen. Der gute Mann gab zu, keine Kinder zu haben, aber dafür habe er einen Wombat großgezogen. Das macht wenigstens neugierig. Aber Bobbele als Erziehungsguru – nein danke.)

Immer wieder habe ich in den letzten Jahren gegen die Verhunzung und insbesondere die Denglisierung unserer Sprache gewettert. Dass der Erfolg gegen Null tendiert, wäre schon eine übertriebene Behauptung. Wenn eine Sprache so wenig geliebt wird wie das Deutsche von den Deutschen, dann können an ihrem Niedergang weder ein Bastian Sick noch ein Dr. Mabuse etwas ändern. Mittlerweile nehme ich es relativ gelassen hin, dass sich die Bundesligaclubs in der Champions League blamieren, die eigentlich auch Meisterklasse heißen könnte, oder dass man am Service Point der Bahn, der mal schlicht, aber auch nicht immer treffend „Auskunft“ hieß, in der Regel lieblos abserviert wird, aber eine Kleinigkeit erstaunt mich doch immer noch. Selbst in seriösen Medien, die noch eine gewisse Sorgfalt im Umgang mit der Sprache an der Tag legen, ist von DNA die Rede, wenn Desoxyribonukleinsäure, die Trägerin der Erbinformation, gemeint ist. Die korrekte Abkürzung dafür lautet DNS. S steht für Säure, A für Acid, demzufolge müßte DNA korrekt DiEnnÄ ausgesprochen werden, wird es aber nicht. Diese DNA, die schon seit mehreren Jahren in aller Munde ist und eigentlich auch gut im Rennen um den Titel „Wort des Jahres“ liegen müsste, ist bezeichnend für die sprachliche Heimatlosigkeit der Deutschen, die wahrscheinlich am liebsten selbst ihrer Erbinformation einen angloamerikanischen Dreh verpassen wollen. Es hilft nichts. Ein kluger Mann namens Karlheinz Deschner hat mal gesagt: „Mit ihrem Latein ist die Welt am Ende. Einmal wird sie es auch mit ihrem Englisch sein.“

Trotzdem: Ein schönes neues Jahr 2008!