Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 12.2007
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Wohl oder Übel

Kraftwerk und Kleinklima

Neues Kohlekraftwerk in Karlsruhe


Es gibt Schlimmeres als das geplante, neue Kohlekraftwerk in Karlsruhe. Manfred Schieß, ehemaliger Lehrer aus Rastatt und attac-Mitglied, verweist gerne auf das Braunkohlekraftwerk in Grevenbroich-Neurath. Eine Dreckschleuder sondersgleichen, findet er. Was jedoch noch lange nicht bedeuten muss, dass Schieß sich mit dem Bau des neuen Blocks 8 im Rheinhafen-Dampfkraftwerks anfreunden könnte.

„Wenn man sieht, wie in Afrika die Dürreperioden zunehmen, dann kann man es einfach nicht mehr verantworten, neue Kohlekraftwerke zu bauen.“ Schieß denkt gerne global und er weiß wovon er redet. Zehn Jahre seines Lebens verbrachte er als Entwicklungshelfer in Tanzania und auch noch heute sind seine Kontakte nach Afrika hervorragend. Er kennt sich also aus mit dem Leben in den ärmeren Regionen dieser Welt, die vom Klimawandel besonders hart betroffen sind. Deshalb auch sein Einsatz gegen das neue Kohlenkraftwerk in Karlsruhe. Allenfalls ein Gaskraftwerk hält er für denkbar für die Zeit die es braucht, die Energieversorgung weitgehend auf erneuerbare Energien umzustellen. Schieß verweist dabei auf die Vision von großen Solarkraftwerken in Nordafrika, die über Hochspannungs-Gleichstromleitungen elektrische Energie für Europa liefern sollen (Stichwort „TREC“).


Was Schieß mit Blick auf das Erdklima fordert, findet in Karlsruhe seinen Widerhall in der lokalen Betrachtungsweise. Die Region sei schon jetzt hoch belastet, jedes weitere Kraftwerk sei ein Kraftwerk zu viel, heißt es beim „Aktionsbündnis saubere Luft Region Karlsruhe“, dem sich mehrere Gruppierungen angeschlossen haben - und das zuletzt auch Schützenhilfe seitens der Karlsruher Kinderärzte bekam. Das neue Kohlekraftwerk werde die Feinstaubemission in Karlsruhe drastisch erhöhen, dabei würden heute schon in Karlsruhe die zulässigen Feinstaubwerte immer wieder überschritten. Dies obwohl der deutsche Grenzwert acht mal höher sei als das, was die WHO als gerade noch vertretbar erachtet.

Schuld seien die häufigen Inversionswetterlagen. „Der Dreck wird nicht weggeblasen, sondern bleibt hier“, wie Kinderarzt Karl Prömpeler-Kuhn argumentiert und dies in der Praxis bestätigt bekommt. Asthma und schwere Lungenkrankheiten sind auf dem Vormarsch. Und besonders ärgerlich sei, dass der zusätzliche Schadstoffausstoß vermeidbar wäre, indem man auf Gas setzen würde. „Es ist mir jedenfalls ein Rätsel, wie die Verantwortung für die Bevölkerung noch gewahrt sein soll, wenn dieses Kohlekraftwerk genehmigt wird.“
Im Karlsruher Gemeinderat (Entscheidung voraussichtlich am 11. Dezember) zeichnet sich aber trotzdem eine breite Zustimmung für das Vorhaben der EnBW ab. Der nötige Bebauungsplan wird wohl nur von den Grünen und den Einzelstadträten abgelehnt, selbst die Karlsruher Liste, in Umweltfragen ansonsten sehr kritisch eingestellt, steht dem Projekt positiv gegenüber.


„Die falsche Weichenstellung gab es unter der rot-grünen Bundesregierung,“ sagt Eberhard Fischer. Damals seien Kohlekraftwerke als genehmigungsfähig eingestuft worden.
Soll heißen: wird nicht in Karlsruhe gebaut, dann eben anderswo, mit deutlich schlechterem Ergebnis für die Umwelt. Entscheidend für seine Fraktion sei, wie viel CO2 je Kilowattstunde erzeugt wird und da schneide der neue Kohle-Kraftwerksblock eben besser ab, als Altanlagen, die laut EnBW im Gegenzug stillgelegt werden sollen. Natürlich müssten Kohlkraftwerke ein Auslaufmodell sein, doch das gehe nur mit einer europäischen Lösung. Und sicherlich wäre ein Gaskraftwerk die bessere Lösung, doch Gas sei im Grundlastbereich einfach zu teuer. Das Vorgehen der EnBW sei also nachvollziehbar, die bisher beantragten Schadstoffwerte müssten aber noch runter. So müsste das Regierungspräsidium verlangen, dass die EnBW bei der Rauchgasreinigung nicht nur die Grenzwerte einhält, sondern den neuesten Stand der Technik einsetzt.

Dann könnten auch die Kinderärzte aufatmen, denn dann würde auch die Luft in Karlsruhe besser. Angesichts des zu erwartenden Abstimmungsverhaltens im Gemeinderat können die Gegner des Kraftwerkbaus somit fast nur auf den Erörterungstermin des Regierungspräsidium Karlsruhe, der ab dem 28.11. in Knielingen lief, hoffen. Insgesamt 5.000 Unterschriften gegen das Kohlekraftwerk hatte die Aktionsgemeinschaft gesammelt und beim Regierungspräsidium abgeliefert, doch die Masse sei nicht ausschlaggebend, heißt es vom Regierungspräsidium. Jede einzelne Einwendung müsse berücksichtigt werden, vorausgesetzt sie sei gut und fundiert. - win