Zwei Schriftsteller an einem Abend und das auch noch bei freiem Eintritt präsentiert der Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg am 3.(20 Uhr) im Literaturhaus im Prinz-Max-Palais, Karlstr. 10.
Den älteren davon muß man literarisch Interessierten eigentlich gar nicht weiter vorstellen: Michael Buselmeier, 1938 in Berlin geboren, ist mit Heidelberg verwachsen wie kein anderer. Er hat die literarischen Stadtführungen initiiert und auch schon mehrere Bücher über das literarische Leben in Heidelberg geschrieben, aber auch über sein eigenes Leben in dieser Stadt, die untrennbar mit der deutschen Romantik verbunden ist. Seine neuen Gedichte thematisieren mit frühe Kindheitserlebnisse, das Aufwachsen im Krieg und der frühen Nachkriegszeit. Buselmeier gilt als Alt-68er.
1968 geboren wurde Martin von Arndt, der heute als Schriftsteller und Musiker bei Stuttgart lebt. Der bekennende Computerjunkie, der bereits sieben CDs sowie zwei Belletristikbände und vier Sachbücher veröffentlicht hat, der mit seiner Avantgarde-Rockband Printed At Bismarck´s Death Film- und Hörspielmusik einspielt, liest aus seinem gerade erschienenen Roman ego shooter, eine Spielergeschichte im Zeitalter der Computerspiele und Videogames. Das dürfte ein konstrastreicher Abend werden.
Die Karlsruherin Ulrike Thimme hat vor drei Jahren ein Buch über das Leben und Sterben ihres Sohnes Johannes veröffentlicht, das im Licht der jüngsten Diskussion um die Haftentlassung von Brigitte Mohnhaupt und die Begnadigung von Christian Klar vielleicht noch einmal neu zu lesen ist. In Eine Bombe für die RAF geht es nicht nur um das Abdriften eines jungen Idealisten in die Terrorszene, sondern auch um ein besonderes Mutter-Sohn-Verhältnis. In ihrem neuen Buch schildert Ulrike Thimme in siebzehn Geschichten Beziehungsituationen zwischen Geschwistern, zwischen Paaren, zwischen Eltern und Kindern. Der jüngste Protagonist ist fünf Jahre alt, der Älteste neunzigjährig. Ulrike Thimme, die am 18. (20 Uhr) ins Literaturhaus 8Karlstr.10) kommt, ist übrigens 84 Jahre alt.
Michael Jürgs war Chefredakteur von Stern und Tempo. In den letzten Jahren ist er vor allem als Biograf in Erscheinung getreten, dabei hat er die Lebenswege von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Axel Springer und Richard Tauber beleuchtet. In seinem neuen Buch Eine berührbare Frau verfolgt er die Lebensspuren der Künstlerin Eva Hesse (1936-1970). Per Kindertransport entkam sie als Dreijährige dem Nazireich. Ihre Mutter beging Selbstmord, weil sie das Leben in New York nicht ertrug. Eva Hesse gelang es in ihrer kurzen Schaffensphase, die ihr beschieden war, mit ihren Skulpturen, Gemälden und Zeichnungen die internationale, von Männern dominierte Kunstszene zu erobern. Mittlerweile kosten ihre Werke Millionen. Jürgs liest am 18. (20 Uhr) aus der Hesse-Biografie im Rahmen der Ausstellung Hanna Nagel und die Hanna-Nagel-Preisträgerinnen in der Städtischen Galerie Karlsruhe (Lichthof 10, Lorenzstr.27).
Im Kaffehaus Schmidt (Kaiserallee 69) gibt es nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern manchmal auch ein Häppchen Literatur. In einer Matinee am Samstag(!), den 7. (10.30 Uhr) ist die Franz Kafka Literaturbühne in Gestalt von Christoph Köhler zu Gast, um das mittlerweile etwas in Vergessenheit geratene literarische Werk von Günter Eich vorzustellen. Eich hat mit seiner wortkargen Lyrik und seinen innovativen Hörspielen die Literatur der 50 und 60er-Jahre entscheidend geprägt, Christoph Köhler läßt aber auch den Prosaisten Eich zu Wort kommen. Die Saxophonistin Ulrike Settelmeyer gestaltet die musikalischen Intermezzi.
Am 28. startet die Franz Kafka Literaturbühne die Reihe der Sommernachtslesungen im A&S Bücherland (Rintheimerstrasse 19). Christoph Köhler liest jeweils Passagen aus Das Buch der Unruhe von Fernando Pessoa, dem modernen Klassiker der portugiesischen Literatur. Vermittelst dieser Eindrücke ohne Zusammenhang und ohne den Wunsch nach Zusammenhang erzähle ich gleichmütig meine Autobiographie ohne Fakten, meine Geschichte ohne Leben. Köhler liest sich durch die Neuausgabe des Buches voran, so weit wie man eben an sieben Abenden kommt. Dabei wird er jeweils von einem Musiker begleitet, am 28. von der Sängerin Silvie Fazlija, am 30. von Robin Mock. Wer ihn am 29. begleitet, stand bei Redaktionsschluß nicht fest. Die Reihe wird im August fortgesetzt. Veranstaltungsbeginn ist jeweils 21 Uhr. ko
Martin von Arndt: ego shooter > Kovacs ist professioneller Spieler. Um genau zu sein, ist er electronic cash player im Internet. Nacht für Nacht sitzt er in Kampfflugzeugen und spielt Szenen des Zweiten Weltkriegs nach. Mit den Siegen finanziert er sein Leben. Seine Leidenschaft bezahlt Kovacs, ein Mann mittleren Alters, mit Bluthochdruck, Abszessen und einer Hirnhautentzündung, mehr noch: Martin von Arndt erzählt höchst spannend die wohl letzte Woche im Leben des Spielsüchtigen, der immer mehr verwahrlost und die Kontrolle über sich selbst, seinen Körper und seine Schmerzen verliert.
Die unsentimenale Ich-Erzählung ist ein innerer Monolog oder rastlose Tagebuchskizze eines Sterbenden. Martin von Arndt hat zudem das alte Motiv der Spielsucht literarisch wiederbelebt. Nicht zuletzt liefert er einen Beitrag zur aktuellen Debatte um Gewaltspiele, sei es auch nur als Psychogramm eines Abhängigen. So düster und abgründig ego shooter ist, in den verhuschten Rückblicken auf Kovacs kurzes Leben tauchen komische und poetische Momente auf. So vergleicht er die Zickzackbewegung der Finger auf dem Handydisplay mit fliegen, die an sommertagen ihre geheimsprache unter die deckenlampe schreiben. Zarte Stunden des Glücks, die Kovacs mit seiner Freundin erlebt, werden allerdings durch die Herzlosigkeit seiner nikotinsüchtigen Mutter und den Krebstod seines Onkels konterkariert. maske
>Verlag Klöpfer & Meyer, 144 Seiten 17,90 Euro
> Martin von Arndt liest am 3. Juli um 20 Uhr im Literaturhaus im Prinz-Max-Palais, Karlstr. 10 (zusammen mit Michael Buselmeier) - Eintritt frei