Während Produkte aus Hollywood imaginäre Bespiegelungen und rauschhafte Phantasien (der Macht, der Unzerstörbarkeit, der ewigen Jugend) evozieren, funktioniert das "intelligente" Kino weniger als Traum und vielmehr als Traumdeutung. Aber: das intelligente Kino stirbt. Genauer: Intelligentes Kino wird heutzutage von Künstlern gemacht, ist also nicht oder nicht ausschließlich für die Kinosäle bestimmt.
Allerdings, im Kino der Künstler übernimmt der Betrachter selbst die Rolle des Regisseurs/ des Kameramanns, er wird dazu aktiviert, die Verschränkung von realem und fiktivem Raum, von "äußerem" Film und "innerer" Imagination zu durchschauen. Indem die Produktion des fiktionalen Raumes ins Dreidimensionale überführt wird, kann der Betrachter die Mechanismen der Inszenierung von Traumwelten erkennen.
Zu diesem Zweck verwandelt z.B. die australische Künstlerin Rachel Khedoori (geb. 1964 in Sidney, lebt und arbeitet in Los Angeles) Ausstellungsräume in "Filminstallationen".
Beim Gang durch ihre komplex verschachtelten "Bühnenkulissen" neben Film-Projektionen fungieren auch Fenster, Türen und Spiegel als Metaphern für den illusorische Raum) wird das Manipulative und Konstruierte von Filmen ins Bewusstsein gerückt.
Gezielt wird die übliche filmische Sehweise (der Zuschauer verweilt im dunklen Raum und bleibt passiv) aufgebrochen. Mit ganz anderen Mitteln verfolgt der Medienkünstler Matthias Müller (geb. 1961 in Bielefeld) dasselbe Ziel. Er zerlegt Kinobilder, um sie verändert, analytisch "geschärft", wieder zusammenzusetzen. Zum Vorschein kommen die immergleichen, stereotypen Muster, die den Umschlag vom Idyllischen ins grauenvoll Unheimliche bewirken.
Die Ausstellung "Film - Illusion und Imagination in der Kunst" reflektiert die Entwicklung von der Guckkasten-Situation zur den virtuellen Räumen der zeitgenössischen Medienkunst bzw. zeigt die Versuche der Künstler, die Bedingtheit von Wahrnehmung im Kinosaal offenzulegen. Gezeigt werden Videoinstallationen und Filme, Zeichnungen und Gemälde, Fotografien und Skulpturen u.a. von Marcel Broodthaers, Marcel Duchamp, Peter Fischli/ David Weiss, Rachel Khedoori, Yves Klein, László Moholy-Nagy, Cindy Sherman, Hiroshi Sugimoto und Andy Warhol. - Franz Littmann
(Multiple Räume 3: Film - Illusion und Imagination in der Kunst, Kunsthalle Baden-Baden, 8.10.-4.12.)