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Archiv: 11.2025
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Festival Tanz Karlsruhe 2025

Compagnien aus Israel, Frankreich, Afrika, Karlsruhe

Bild - Festival Tanz Karlsruhe 2025
Vor drei Jahrzehnten war Karlsruhe in puncto Tanz noch eine einsame Wüste, mit einem eher kitschigen Staatsballett, klassischen Ballettschulen und der kleinen, rührigen Tanztribüne, die seit Beginn der 1980er einsam das Fähnlein des zeitgenössischen Tanzes emporreckte. Noch relativ frisch von der Karlsruher Südweststadt ins Kulturzentrum Tempel gezogen, ersann man hier ein Tanzfestival, das als zartes Pflänzchen begann und sich mittlerweile über das gesamte Stadtgebiet und einen prallen Monat erstreckt. Ein Veranstaltungsreigen voller Shows, Workshops und spannender Begegnungen, die mit zahlreichen Partnern auf die Beine gestellt wird. Für einen Monat fühlt sich Karlsruhe plötzlich wie eine pulsierende Tanzmetropole an. Klappe Auf unterhielt sich über das Festival und die Rahmenbedingungen in Karlsruhe mit Martin Holder, der gemeinsam mit Hans Trauth das Festival gründete und künstlerisch verantwortet.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sieht ein Antisemitismusproblem in der Kulturszene, manche Bands wollen ohne Palästinaflagge nicht mehr auftreten, manche internationale KünstlerInnen meiden Deutschland wegen seines israelsolidarischen Kurses. Ist es da für Euch ein Statement, das Festival mit der israelischen Vertigo Dance Company zu eröffnen?
Martin Holder: Eigentlich nicht, das hatte sich eben so ergeben. Vertigo ist eine der spannendsten Tanzcompagnien der Welt. Aber ich finde das jetzt eigentlich sehr gut, damit ein Zeichen zu setzen. Was die Lage in Gaza betrifft bin ich selbst hin- und hergerissen, aber es kann nicht angehen, dass man Künstlerinnen und Künstler, die in Israel wohnen und vermutlich ihrer Regierung sogar sehr kritisch gegenüberstehen, von den Bühnen hierzulande ausschließt. Das darf es nicht geben.

Karlsruhe steht in diesem Herbst vor einem extremen kommunalen Sparprogramm. Welche Auswirkungen könnten die angekündigten Maßnahmen perspektivisch für ein Veranstaltungshighlight wie Tanz Karlsruhe haben?
Holder: Nun es wird in Zukunft vermutlich weniger Highlight geben, denn wir müssen sparen wo wir können. Darunter leiden werden als erstes die Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, weil hier naturgemäß am wenigsten Gelder durch den Eintritt generiert werden können. Ähnliches gilt für die regionale Tanzszene, denn auch wenn die Lokalmatadore Kiesecker und Hoess vermutlich für volle Säle sorgen werden, haben es Gruppen etwa aus Mannheim oder Freiburg viel schwerer. Unter dem Strich werden wir weniger Veranstaltungen machen können, was zweischneidig ist, da wir unser Festival ja zu einem Drittel aus Eintrittseinnahmen finanzieren.

Welche Auswirkungen siehst Du auf die freie Tanzszene in Karlsruhe zukommen?
Holder: Wenn die Stadt das TanzAreal nicht mehr unterstützen wird, wird das ganz schlimm, weil hier ein wichtiger Ankerpunkt für die Karlsruher Tanzszene verloren geht. Wenn Formationen immer weniger Probe- und Aufführungsmöglichkeiten haben, werden die Tänzerinnen und Tänzer in noch größerem Maße aus Karlsruhe abwandern, als eh schon.

Wie können Tanzfreundinnen und -freunde den Erhalt des Festivals Tanz Karlsruhe unterstützen?
Holder: Zunächst einmal, in Scharen unsere Veranstaltungen besuchen und sich auch solidarisch erklären. Wenn alle Veranstaltungen des Festivals ausverkauft wären, unterstrich dies die Wertigkeit und den Bedarf nach Tanz in der Stadt. Dann sollte man alle anderen Träger der freien Szene unterstützen, wir werden für das TanzAreal eine Crowdfunding-Kampagne starten und im kommenden Jahr einen Benefizabend im Tollhaus organisieren, an dem unter anderem Gauthier Dance, das Karlsruhe Staatsballett sowie Kiesecker Hoess auftreten.

Welche besonderen Programmpunkte des diesjährigen Festival-Programms möchtest Du herausheben?
Holder: Da ist auf alle Fälle Leila Ka, siwe ist ein Shootingstar aus Frankreich, die mit ihrem Tanz eine eigene Sprache gefunden hat und sich künstlerisch stark mit Frauenthemen auseinandersetzt. Die Künstlerin, die bereits mit Beyoncé, für die Vergabe des Filmpreises César und den französischen Superastar, Zaho de Sagazan choreographiert hat, kommt gleich mit drei Stücken zu uns. Ich finde es auch toll, mit der afro-zeitgenössischen Tanzkompanie Dunia Dance Theatre wieder einmal Tanz von einem anderen Kontinent zu präsentieren. Schließlich verspreche ich mir von der Premiere der Karlsruher Compagnie KieseckerHoess, die in "The Truth" erstmals auch mit medialen Mitteln die Schnittstellen von Choreografie, Dokumentation & Authentizität untersucht, eine tolle Produktion.

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tanz karlsruhe 2025, 5. November bis 3. Dezember 2025, im Tollhaus, Kulturzentrum Tempel, ZKM, P8, Insel, ehemaligen Post am Entenfang Mühlburg, Kinemathek, Badisches Staatstheater, TanzAreal, alle Infos und Termine kulturzentrum-tempel.de, im gedruckten Programmheft und hier im Terminkalender


Bild: ©Vertigo Dance Company