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Archiv: 05.2025
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Ettlinger Schlossfestspiele

"Bodybilder"

Bild - Ettlinger Schlossfestspiele
Im Juni startet mit dem Theaterfest und der Premiere des Kinderstücks "Pippi in Taka-Tuka-Land" die Saison der Schlossfestspiele Ettlingen. Sie bringen in diesem Jahr neben einem Wiedersehen mit dem Publikumsrenner "Evita" aus 2024 erstmals auch große italienische Oper in den barocken Schlosshof. Auch wenn die Intendantin Solvejg Bauer nach dem Rekordjahr 2023 in der vergangenen Spielzeit einen Riesenerfolg verzeichnete, weil sie zudem glänzend den Spagat zwischen Rekordauslastung und wirtschaftlicher Konsolidierung hinlegte, wird sie Ende 2026 Ettlingen verlassen, um am Theater Heilbronn Intendantin zu werden. Klappe Auf unterhielt sich mit Solvejg Bauer.

Frau Bauer, nachdem im vergangenen Jahr das Konsolidieren der Ettlinger Schlossfestspiele super gelang, können Sie in diesem Jahr wieder ihr Lieblingsprojekt Oper in Angriff nehmen. Dafür fehlt diesmal - soweit ich mich erinnere - erstmals in der Geschichte der Schlossfestspiele das Schauspiel. Was sind die Gründe?
Solvejg Bauer: Ich kann zwar in diesem Jahr wieder eine Oper spielen, darf aber grundsätzlich nicht in anderen Budgetdimensionen denken, als im Vorjahr. Daher haben wir in diesem Jahr unsere beiden Neuproduktionen in der Oper [La Bohème] und in der Zusammenarbeit mit der Popakademie Mannheim [Black or White]. Wir haben zwar zudem einen erhöhten Landeszuschuss, benötigen diesen aber, um die Arbeit mit dem Ettlinger Bürgerchor durch eine gewisse Infrastruktur abzusichern. Da ist leider kein großes Schauspiel im Schlosshof mehr drin.

Thema Oper: Die Geschichte war ja bereits 2011 im Ettlinger Schlosshof, damals in Form des Musicals "Rent", zu erleben. Was hat Sie dazu bewogen nun Puccinis "La Bohème" als Freiluftoper zu inszenieren?
Bauer: Das ist vor allem die Musik. Wir haben zum ersten Mal große italienische Oper - und das wird sicherlich eine ganz neue Atmosphäre in den Schlosshof bringen. Ich hatte nicht erwartet, dass wir in dieser kurzen Zeit den Ettlinger Bürgerchor auf das Niveau bringen konnten, diese ziemlich schwer zu singender Oper zu meistern. Dass wir es dennoch geschafft haben, freut mich riesig. "La Bohème" ist aber auch einer der großen Stoffe der Theaterliteratur. Dass eine Clique junger Menschen, in einem Alter, in dem man normalerweise feiert und das Leben genießen will, auf so brutale Weise mit dem Tod konfrontiert wird, ist eine wirklich existenzielle Geschichte. Wenn ich die Oper an anderen Häusern sehe, ist sie dort meist mit einer Besetzung zu erleben, die 20 bis 30 Jahre zu alt ist. Ich besetze ja gerne mit jungen Talenten. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen - und es bewerben sich bei uns wahnsinnig tolle Leute. Da kommt mir "La Bohème" natürlich sehr zupass.

War bei "Rent" das Drama um die in ärmlichen Verhältnissen hausenden Künstlerinnen und Künstler ins gegenwärtige New York verpflanzt worden, so spielt "La Bohème" bei Ihnen in einem zukünftigen Paris. Was hat Sie dazu veranlasst?
Bauer: Mein Ansatz für die Oper ist, dass sie ein breites Publikum erreichen, niederschwellig begreifbar und von jung bis alt funktionieren soll. Da habe ich mich als Ausgangspunkt gefragt, womit sich gegenwärtig die Jugend am meisten beschäftigt. Ein ganz wichtiges Thema sind die Endlichkeit der Ressourcen und die Gefährdung unseres Planeten. Ich habe die Geschichte, die eigentlich vor zwei Jahrhunderten spielt, 200 Jahre in die Zukunft verlegt, in ein Paris, indem bereits sämtliche zu befürchtenden Umweltkatastrophen eingetreten sind, überschwemmt, ausgetrocknet, der Eiffelturm verrostet und zerbrochen, ungenießbares Wasser, vergiftete Luft … In einem solchen Setting ist es sehr nachvollziehbar, dass sich Mimi vergiftet hat, und diese jungen Menschen in großer Armut leben, frieren und nichts zu essen haben. Bei den ersten Proben hat sich diese Annahme jedenfalls als total ergiebig erwiesen.

"Evita" war im vergangenen Jahr der meist ausverkaufte Publikumsrenner. Nun erscheint sie wieder auf dem Spielplan. Ist das eine Sparmaßnahme oder hat dies inhaltliche Gründe?
Bauer: Beides. Ich war tatsächlich überrascht, dass wir im vergangenen Jahr mehr als 20 ausverkaufte Vorstellungen und eine beträchtliche Warteliste hatten. Ich hatte aber auch das Gefühl, dass man diese Inszenierung durchaus zwei Mal anschauen kann. Sie passt wunderbar in den Schlosshof, der Opernchor hatte sich eine Wiederaufnahme gewünscht, wir haben eine tolle Evita und daneben in diesem Jahr einige spannende Neuverpflichtungen.

Auch die Zusammenarbeit mit der Popakademie Mannheim wird fortgesetzt. Es wird in diesem Rahmen ein Stück zu Michael Jackson geben, das insbesondere das Spielzeitmotto aufgreift. Was ist da zu erwarten?
Bauer: "Bodybilder" ist der Überbegriff für die Spielzeit, da alle Stücke etwas mit der Rolle des menschlichen Körpers zu tun haben. In dem mitreißenden "Black or White" mit Hits wie "Billie Jean", "Thriller" und "Man in the Mirror" geht es darum, was es bedeutet, wenn der Körper als Widerpart wahrgenommen wird und er sich im Laufe eines Lebens komplett verändert. Von der Popakademie Mannheim haben wir diesmal eine fast komplett neue Mannschaft dabei, und natürlich ist beim Thema Michael Jackson auch das Tanzen gefragt und die Urban Dance School Ettlingen mit aufwendig inszenierten Choreografien wieder mit an Bord.