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Archiv: 05.2007
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Weltverbesserer

40 Tage, 40 Themen

Die Kommunikationdesignerinnen Nelly Brunkow und Evamaria Judkins suchten interessante, außergewöhnliche Themen und fanden 40 Weltverbesserer, für die sie Flyer, Filme und Plakate entwarfen. Es sind Themen, für die normalerweise nicht geworben wird. Jetzt wurde das Projekt „wir.ag“ der beiden Karlsruherinnen mit einem Preis der Körber-Stiftung ausgezeichnet.

Am 21. Mai erhalten die beiden Absolventinnen der Karlsruher HfG (Hochschule für Gestaltung) ihre Auszeichnung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Unter 470 Mitbewerbern um den Deutschen Studienpreis der gesellschaftspolitisch engagierten Stiftung gehören sie zu den 50, deren Beiträge als preiswürdig befunden wurden. Gefragt waren Ideen zur Vereinbarkeit von (Erwerbs-)Arbeit und Leben. Das Wettbewerbsthema „Mittelpunkt Mensch´“ passte sehr gut zu ihrem Weltverbesserer-Projekt, fanden Nelly Brunkow und Evamaria Judkins und reichten eine 20-minütige Filmdokumentation ihres als HfG-Diplomarbeit erdachten Grafik-Marathons ein.
40 Tage, 40 Themen, die jeweils an einem Tag zum Ergebnis kommen sollten, hieß die selbstgestellte Aufgabe. „Als Diplomarbeit wollten wir einen realitätsnahen Härtetest samt Zeitdruck“, erklärt Nelly Brunkow. Anstatt ein möglichst perfektes Hochglanzprodukt als Ergebnis anzustreben, legten die beiden ihren Arbeitsprozess offen: vom ersten Brainstorming über Phasen ohne Einfälle, die mit Gähnen und Teekochen überbrückt werden, bis zur allabendlich fertiggestellten Druckvorlage.
„Uns kam es auf ein möglichst weites Spektrum an Themen an, die sonst nicht kommuniziert werden, und haben mit unserem experimentellen Vorgehen einerseits die jeweilige Idee in den Mittelpunkt gestellt und andererseits das Grafikdesign selbst hinterfragt“, sagt Evamaria Judkins.
Damit überzeugten sich nicht nur die Prüfungskommission der HfG, sondern erregten deutschlandweit Aufsehen. Letzteres verdankt sich vermutlich zu einem guten Teil den teils skurrilen und auch mal fanatisch wirkenden Weltverbesserungsvorschlägen ihrer Kunden.
Als „eine unserer lustigsten Gesprächspartnerinnen“ bezeichnen Brunkow und Judkins die Frau, die sich wieder „ganze Kerle“ wünscht und damit Männer meint, die Bier statt Prosecco trinken und nicht länger vorm Spiegel stehen als „Sie“. Eine ironisierende Fotostrecke nach Art eines Modemagazins war an diesem Tag das Arbeitsergebnis.
Etwas ratlos hingegen machte sie das Anliegen von Achim S., der als Veganer seinen extremen Standpunkt des Tierschutzes propagiert sehen wollte. Andere Weltverbesserer des Projekts setzen sich gegen eine Umweltverschmutzung durch Lärm ein oder bekämpfen den Schlankheitswahn. Vielen aber liegt ein gutes menschliches Miteinander am Herzen. Sie bieten Hilfe beim Ausstieg aus einer Sekte an und helfen Lebensmüden etwas Besseres als den Tod zu suchen. „Es war umwerfend, wieviel wir über Bereiche erfahren haben, die wir sonst nie kennengerlernt hätten“, schwärmen die beiden, die mit Judkins Ehemann als drittem im Bunde ein Design-Büro gegründet haben. -afr

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