"Contemporary Dance 2.0." nennt der israelische Tänzer und Choreograf Hofesh Shechter eines seiner jüngsten Stücke, das - getanzt von der Stuttgarter Compagnie Gauthier Dance - das in diesem Jahr fast vierwöchige Festival tanz karlsruhe eröffnet (7. + 8.11., Tollhaus). Der Titel des hochenergetischen Tanzspektakels kann programmatisch für die diesjährige Festivalausgabe stehen, die viele spannende und innovative Tanzerlebnisse verspricht.
Gesellschaftlich virulente Themen ohne große Worte aufzugreifen und mit viel Sinnlichkeit zu behandeln ist eine Stärke des zeitgenössischen Tanzes. So beschäftigt sich der deutsche Steptänzer Sebastian Weber, der noch Anfang der 1990er Jahre in New York mit offenen Armen empfangen wurde, angesichts der neuen Antirassismus-Bewegung in seinem "souveränen und berührenden" (FAZ) Solo "the long Run" mit dem Vorwurf der kulturellen Aneignung einer "Schwarzen Kunstform" (23.11., Tempel). Als Abriss- und Baustelle gängiger Utopie-Erzählungen konstruiert die Karlsruher Tanzformation Cie.los eine teils opulent-schrille, teils minimalistische Science-Fiction-Collage (21. + 22.11., P8). Mit den digitalen Konditionen unseres Lebens beschäftigt sich die deutsche Choreografin Charlotte Triebus (Foto), die in "Precious Camouflage" vier Tänzerinnen gegen KI-Systeme antreten lässt (13. + 14.11., ZKM). Noch einen drauf setzt die britische Alexander Whitley Dance Company, die die Uraufführung ihres jüngsten Stückes parallel in London und Karlsruhe auf die Bühne bringt, wobei Tänzerinnen und Tänzer auf der Insel und dem Festland mithilfe einer komplexen Bewegungserfassungs-Technologie aufeinander reagieren und miteinander tanzen können (16.11., ZKM).
Zu den gefeierten Stars des diesjährigen Tanzherbst zählt die chinesische Choreografin Xie Xin, die seit 2014 ihre eigene Compagnie leitet. „In Xie Xins Arbeit habe ich die Zukunft gefunden. Ihre Werke sind von einer äußerst sensiblen Einzigartigkeit und Besonderheit", sagte der finnische Festivalleiter Jurmo Uotinen über ihre Arbeit, die zeitgenössischen Tanz mit traditionellen chinesischen Elementen verbindet. So lässt sie sich in ihrer in Karlsruhe zu erlebenden Chroreografie "From In" von dem für Mensch stehenden Schriftzeichen inspirieren (17.11., Tollhaus).
Zum weiteren Programm zählen natürlich auch die Lange Nacht der kurzen Stücke, der Auftritt der PreisträgerInnen des Internationalen Solo-Tanz-Festivals, eine Ballett-Premiere am Badischen Staatstheater, Workshops sowie Tanzfilme in der Kinemathek.
7. November bis 1. Dezember 2024
unter anderem im Kulturzentrum Tempel, P8, Tollhaus, ZKM, Franz-Bernhard-Haus
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kulturzentrum-tempel.de