"Wir sollten heiter Raum um Raum durchschreiten / an keinem wie an einer Heimat hängen." So heißt es bei Hermann Hesse,und es klingt, als habe der Dichter dies aufmunternd dem Karlsruher Jazzclub ins Stammbuch geschrieben, der zum Monatsanfang mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Jubez in Richtung Osten verlässt.
Wenn der geschichtsreiche Verein am 2. April mit einer Session sein neues Domizil in der Durlacher Allee 64 im Lokal Kaldaune einweiht, verbinden sich Tradition und Neuanfang. Die Vorfreude scheint allenthalben der zwischenzeitlichen Skepsis über den Auszug aus dem Jubez gewichen.
Dort hatte der bundesweit renommierte Club seine bislang konstanteste Ära in bester (!) Gastfreundschaft erlebt. Elke Wiedemann, die Vorsitzende des Jazzclubs, freut sich jetzt auf frische Impulse am neuen Ort, den der Jazzclub aus den frühen 80er Jahren kennt, wo er eine künstlerisch unvergessene Blüte mit aus heutiger Sicht legendären Gastspielen amerikanischer Jazzstars erlebte. Auch neue Besucherschichten sollen sich durch die Nähe zum Tollhaus und den sich langsam formierenden Kreativpark erschließen lassen. Die Abhängigkeit von einem Wirt, die beim Club vormals zur immer wieder erzwungenen Wanderschaft führte, scheint durch eine vielversprechende Konstruktion gemildert. Zum einen wurde speziell ein geeigneter Wirt gesucht, der sich darüber im Klaren ist, dass beim Jazzclub kaum Schmusejazz zu erwarten ist, und auch die Publikumserwartungen bei manchen Konzerten nicht gerade in den Himmel wachsen. In Dirk Onescheit von der Kaldaune glaubt Elke Wiedemann auf den Richtigen getroffen zu sein. Zum anderen ist der Jazzclub diesmal als ordentlicher Untermieter im Boot und somit mit einer rechtlichen Grundlage ausgestattet und nicht wie in der Vergangenheit auf Gedeih und Verderb auf den guten Willen eines Gastgebers gestellt.
Für den Eröffnungsmonat hat das seit Jahresbeginn amtierende Programmteam des Clubs gleich eine Reihe von Highlights geplant, die sich in den Ankündigungen an anderer Stelle finden. Höhepunkt ist das viertägige Eröffnungsfestival, das ab dem 29. April für vier Tage geballt ein breites musikalisches Spektrum bietet. Eröffnet wird der Reigen der allesamt von der Jazzredaktion des SWR mitgeschnittenen Konzerte am 29. um 19 Uhr durch das Aufeinandertreffen des Holländers Michel Waisvisz und des elektroakustischen Duos Schnack. Waisvisz ist seit den späten 60er Jahren ein Pionier der Entwicklung reizvoller Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Wenn er seine Hands anlegt, setzt er tänzerische Bewegungen direkt in Klang um. In den 80er Jahren stieß er mit Soloperformances in Karlsruhe wiederholt auf ein großes und fasziniertes Publikum.
Im Anschluss spielt mit Ulrike Haage, der früheren Keyboarderin der Rainbirds und einzigen Frau als Trägerin des Deutschen Jazzpreises, eine der spannendsten und vielfältigsten Musikerinnen des Landes. Sie stellt gemeinsam mit dem Schlagzeuger Erik Schaefer ihr wunderschönes, neues Piano-Album Weißes Land vor.
Am 30. kommt dann mit John Hollenbecks angesagtem Claudia Quintett eine Gruppe aus New York, die mit einer geradezu charismatischen Gratwanderung zwischen Jazz, Minimal Music und europäischer Moderne zeigt, wie farbig und phantasievoll Jazz abseits der Tradition klingen kann.
Fortgesetzt wird das Festival am 1. Mai mit dem Konzert zur Verleihung des Jazzpreises Baden-Württemberg an den Karlsruher Pianisten Kristjan Randalu, für das man aus Platzgründen in das benachbarte Kulturzentrum Tollhaus ausweicht, und am 2. Mai kommen schließlich mit Ned Rothenbergs Sync Trio abermals Gäste aus den USA
> Jazzclub, Durlacher Allee 64, KA -