Erster Gedanke: Das Buch würde eine hervorragende Vorlage für eine Netflix-Serie abgeben. In „RUA 17“ geht der in Karlsruhe geborene und in Berlin lebende Autor Volker Kaminski der Frage nach, wie sich wohl ein Leben unter der Kontrolle einer künstlichen Staats-Intelligenz, genannt das SYSTEM anfühlen mag. Im SYSTEM leben die jüngeren Menschen im schönen Bereich der Stadt, haben Zugang zu allen Annehmlichkeiten und werden von ihren Assistenten, die je nach Einsatzgebiet lernfähig sind als Hausangestellte und Unterhalter unterstützt. Die älteren, nicht mehr so produktiven Menschen dagegen werden in schäbigen Altstadtvierteln zusammengepfercht, den RUAs, den Regionen unter Assistenz. Hier werden sie von Assistenten gepflegt, versorgt und überwacht - von Assistenten, die immer ruppiger zu werden scheinen. Bäumer, von allen nur „Meister“ genannt, einer der Bewohner der RUA 17, der als Lateinlehrer bei einer rebellischen und neugierigen Schülerin arbeitet, stellt mit ihr zusammen Nachforschungen an und kommt einem grausamen Geheimnis auf die Spur. Der Urlaub am Strand ist nicht real und ohne Wiederkehr. Nicht von ungefähr spielt Kaminskis Science-Fiction-Roman 100 Jahre nach Orwells „1984“, greift er doch sowohl Elemente aus dessen Dystopie als auch aus den düsteren Voraussagen von Aldous Huxley und dessen schöner, neuer Welt auf. Das Leben unter Kontrolle und Überwachung des SYSTEMS mag angenehm sein, aber um welchen Preis? Das Streben nach Freiheit lässt sich nicht unterdrücken und kann auch von Assistenten erlernt werden, was bei aller Düsternis hoffnungsfroh stimmt.
> PalmArt Press, 350 Seiten, 25,- €