Mit seiner neuen Produktion „Völlig losgelöst - Kalter Krieg und heiße Rhythmen“, die am 29. September Premiere hat, nimmt das Ensemble des Sandkorn sein Publikum mit auf eine Zeitreise in die 1980er-Jahre. Die Geschichte um Kara und Jan, die damals eine Coverband hatten und diese bei der jetzigen Wiedereröffnung eines in jener Zeit beliebten Clubs wiederbeleben sollen, dürfte nicht nur Nostalgiker begeistern, sondern auch für junge Menschen interessant sein, welche die Hits dieser Ära lieben. Erik Rastetter, der Künstlerische Leiter und Geschäftsführer des Sandkorn erzählt, was es damit auf sich hat.
Wie sind Sie und der verstorbende Günter Knappe auf die Idee zu einem 1980er-Jahre-Musical gekommen?
Die Stückentwicklung ging, vereinfacht dargestellt, in etwa so vonstatten: Schon vor einigen Jahren haben Günter Knappe und ich immer wieder überlegt, ob ein Musiktheaterstück, das sich auf die 1980er-Jahre bezieht, quasi als Nachfolger für unsere Erfolgsproduktion „1968 – Als der Planet Feuer fing“, möglich wäre. Aus verschiedenen Gründen - z.B. die Pandemiezeit - kam es nicht dazu, bis wir es im letzten Jahr ernsthaft angingen. Bis Februar 2023 hatten wir ein mehrseitiges Exposé zur Handlung und eine Auswahlliste an Songs vorbereitet. Durch den plötzlichen Tod von Günter Knappe und allem, was nachfolgend damit einherging, kam die Weiterarbeit am Buch für etliche Wochen ins Stocken. Der dadurch entstandene Zeitverzug führte dazu, dass die erste ausführliche Skriptfassung mit Szenen und Dialogen erst im Laufe des Maies von mir fertiggestellt werden konnte. Die Überarbeitung dieser Fassung übernahm dann der Regisseur Karsten Engelhardt, da ich selbst ab Mai zunehmend mit der Produktion „Streamland – K.O. durch K.I.“ belegt war. Wir haben uns über nötige Änderungen mehrmals ausgetauscht, aber Karsten Engelhardt hatte bei der Adaption viel Freiheit. Ich hatte und habe aufgrund früherer Erfahrungen mit ihm großes Vertrauen in seine Arbeit.
Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Gymnasium und Studierenden der Musikhochschule Karlsruhe gekommen?
Die Idee war, jungen Menschen, die eine musikalische Karriere anstreben, die Chance zu geben, unter professioneller Leitung in das Berufsleben hineinzuschnuppern. Daher haben wir am Helmholtz-Musikgymnasium und an der Hochschule für Musik angefragt und sind gleich auf großes Interesse gestoßen, unterstützt von Stefan Aufenanger, Leiter des Musikgymnasiums, und Peter Lehel, Dozent an der HfM, der auch des Öfteren als Jazzmusiker auf unserer Bühne zu Gast ist. Auch bei den jungen Talenten stieß unser Projekt gleich auf offene Ohren.
Wie wurden die Mitglieder der Liveband Karajan Re-Loaded ausgesucht?
Es gab ein erstes Info-Treffen für Interessierte im Januar. Daraus hat sich dann in einem mehrstufigen Prozess die Besetzung der Band herausgeschält. Von den fünf Band-Mitgliedern kommen zwei vom Musikgymnasium, die anderen von der Hochschule für Musik.
Wurden die Hauptrollen ebenfalls mit Studierenden oder Schülern und Schülerinnen besetzt oder mit Schauspielern und Schauspielerinnen des Sandkorn?
Nein, die vier Hauptrollen sind allesamt mit Profis besetzt. Die meisten von ihnen stehen allerdings zum ersten Mal auf der Sandkorn-Bühne. Unter anderem ist Rebecca Raffell dabei, die das Karlsruher Publikum aus ihrer Zeit am Badischen Staatstheater kennt.
Hat der Musikclub Ploy ein real existierendes Vorbild?
Ja und nein. Beim Entwickeln des Stücks vermischten sich persönliche Erinnerungen, z.B. an das K5 oder an das Diagonal in Karlsruhe oder Clubs in Berlin, mit recherchierten Musikclubs, z.B. in Großbritannien. Letztlich wird den Look des Ploy unser Bühnenbildner Steven Koop maßgeblich beeinflussen und gestalten.
Können Sie mir bitte auch ein wenig mehr über das Bühnenbild und die Requisiten verraten?
Die Entwürfe sind z.B. inspiriert durch das Hacienda in Manchester, in dem Bands wie New Order auftraten. Der Look geht also etwas in Richtung einer reduzierten, aber wirkungsvollen Industrie- und Fabrik-Optik, was unserem Bühnenraum entgegenkommt. Bühnenbildner Steven Koop wird auch dafür sorgen, dass Neonlicht – typisch für die 1980er Jahre! – eine Rolle spielt. Bekannte Objekte der 1980er-Jahre werden ganz bestimmt als Eye-Catcher eingesetzt. Das gilt natürlich auch für die Mode der Zeit.
Welche Lieder der 80er werden auf der Bühne gesungen werden? Können Sie mir eine Liste der Hits geben?
Es soll ja noch ein paar Überraschungen geben, daher wollen wir im Vorfeld nicht die gesamte Songliste verraten. Wir bewegen uns aber in diesem spannenden Jahrzehnt zwischen der Neuen Deutschen Welle - „Sternenhimmel“, „Blaue Augen“ - und internationalen Hits, wie z.B. „Sweet Dreams“, „Our House“, „Take on me“ oder „Like a Virgin“.
Das Stück ist auch in einem Theaterpaket enthalten, das die VHS anbietet: Wie ist es dazu gekommen?
Das Sandkorn kooperiert schon seit ein paar Jahren mit der Volkshochschule. In jeder Saison gibt es ein Theaterpaket der VHS, das an ausgewählten Terminen neben dem Besuch unserer Stücke auch einen thematisch fundierten Einführungsvortrag durch eine Expertin oder einen Experten beinhaltet sowie ein Nachgespräch mit den Künstlerinnen und Künstlern der Produktion. Das kommt hervorragend bei den Teilnehmenden an. Im Paket sind drei Theaterabende enthalten – diesmal eben unter anderem „Völlig losgelöst“ – die man jeweils auch einzeln buchen kann.
Erwarten Sie sich durch die 80er-Jahre Ausstellung im Badischen Landesmuseum einen Zugewinn an Zuschauern?
(lacht.) Sagen wir es so, es wird der Aufmerksamkeit auf unsere 1980er-Produktion sicher nicht abträglich sein. Außerdem kooperieren wir mit dem Landesmuseum, so dass es beim Besuch der Ausstellung und unserem Stück eine Ermäßigung auf den jeweiligen Eintrittspreis gibt.
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Fr 29. (Premiere) und Sa 30. September 2023 um 19:30 Uhr
Das Sandkorn - Fabrik
Kaiserallee 11
Karlsruhe
Weitere Termine bis Ende des Jahres auf der Website des
das-sandkorn.de
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Foto: ©Ingo Cordes