An die Tradition der großen amerikanischen Familiendramen von Tennesee Williams, Arthur Miller oder Eugene O´Neill dockt US-Autor Taylor Mac an, doch haben sich bei dem auch als Drag Queen in Erscheinung tretenden Schriftsteller die Vorzeichen radikal verändert. Nach einem Schlaganfall wurde der Familienpapa von der nun die Hosen anhabenden Familienmatriarchin zum armseligen Drag-Clown umdekoriert, der klaglos zuschaut, wie die von der Mutter verhätschelte Tochter wider Willen um Kunstlerinnensdasein verdammt wird. Als der Sohn der Familie aus dem Afghanistan-Krieg nichtsahnend und nichtsverstehend zurückkehrt, wird die neue Familienordnung zur Disposition gestellt. Regisseur Jakob Weiß hat die das Weltbild des weißen Hetero-Mannes, dem in den aktuellen Geschlechterrollen-Debatten alle Felle davonschwimmen, bestens auf den Punkt bringende Komödie als schrille und überdrehte Farce inszeniert. Das Schauspielerehepaar Gunnar Schmidt und - hier ganz großartig - Lisa Schlegel können auf außergewöhnliche Weise glänzen. Der knallige Stil, in dem auch Musik eine große Rolle spielt, bekommt dem Stück hervorragend, was "Hir" zum inspirierenden Theatervergnügen macht.
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6., 7., 29. und 30. Mai 2023
Badisches Staatstheater, Studio
Herrmann-Levi-Platz 1
Karlsruhe
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Foto: Felix Grünschloß