Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 04.2022
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Abrüsten, abrüsten

Dem russischen Gegner mit kollektiven Selbstmord drohen - nichts anderes bedeutete die atomare Abschreckung für West- und Ostdeutschland - denn die Ziele der Raketen von Freund und Feind mit den Atomsprengköpfen wären hauptsächlich in Deutschland explodiert. Das hat während des kalten Krieges in Westeuropa bestens funktioniert und scheint nun wieder in Mode zu kommen.

Dass die Bundeswehr eine reine „Friedensarmee“ ist, liegt sicher daran, dass ein Einsatz außerhalb unserer Grenzen technisch nicht machbar ist. Im Inland könnten Soldaten im Verteidigungsfall notfalls noch mit der Bahn fahren. Wobei „Bahnfahren“ …lassen wir das lieber.

Da Rot-Grün Erfahrung mit der Kriegsführung haben - siehe Kosovo, Afghanistan - wussten sie ganz klar, was fehlt. Schwuppdiwupp - auf einmal waren 100 Milliarden für die Sanierung der Bundeswehr da. Der Laie staunt da nur.

Doch auch sprachlich wird aufgerüstet. In Talkshows ebenso wie in den alltäglichen Statements von Politikern, Experten und Journalisten wird eine Sprache gepflegt, die ebenso zum Hurra-Patriotismus vor dem 1. Weltkrieg gepasst hätte.
Da muss ein ehemaliger General in der Sendung „Hart aber fair“ die Runde darauf hinweisen, dass westliche Politiker eine Sprache der Eskalation pflegen. Dabei sei klar: „Eine militärische Lösung gibt es nicht.“

Da wird eine Flugverbotszone über der Ukraine gefordert, die zu nichts anderem als zu einen Krieg gegen Russland führen würde. Natürlich ist die Ablehnung für die Ukrainer bitter, aber entschuldigt nicht die Unverschämtheit des ukrainischen Diplomaten M. einen Politiker der Regierungsparteien als Arschloch zu bezeichnen, weil ihm die Sanktionen, Waffenlieferungen usw. nicht weit genug gehen.

Erstaunlich auch die Ansicht einer Kommentatorin der hiesigen Tageszeitung, über diejenigen, die sich über die
unverschämt hohen Spritpreise beschweren: „Doch darüber jammern, ist angesichts des unfassbaren Leids in der Ukraine vollkommen fehl am Platz.“ Oha! Die Kriege in Syrien, im Jemen, Afghanistan, (Achja, diese Mission durfte ja nicht „Krieg“ genannt werden) waren wohl nicht so schlimm, da durfte man natürlich über den Benzinpreise jammern. Nebenbei: was den Laien verwundert ist , dass 2008 der Ölpreis pro Barrel höher war, der Sprit an der Tanke aber deutlich billiger. Aber alles wird besser: Wirtschaftsminister Habeck bemüht sich um Katar als Alternative für Russland als Gaslieferant. Saudi-Arabien liefert weiterhin Öl, trotz Krieg im Jemen - man muss halt das Große und Ganze sehen.

Bescheuerte Auswüchse überall: da werden hier lebende russische Mitbürger angepöbelt, Wodka Gorbatschow wird aus den Regalen eines hiesigen Discounters entfernt, obwohl dieser seit 1921 (!) - auch unter diesen Namen - in Berlin produziert wird. Der russische Zupfkuchen wird zum schlichten Zupfkuchen, Russen bekamen sogar in einer Kneipe Lokalverbot, das zum Glück wieder wieder aufgehoben wurde.
Es ist dieser plötzlich aufkeimende Hass, die Bereitschaft, den Krieg als mögliche Lösung von Problemen zu akzeptieren, was unheimlich, sogar erschreckend ist.

Wenn - ebenfalls bei „Hart aber fair“ - der Politikwissenschaftler Christian Hacke feststellt, dass er seine Zweifel habe, wie die Deutschen im Falle eines solchen Angriffs reagieren würden und behauptet: „Wir würden uns mit weißen Fahnen ergeben“, dann klingt das bei ihm so negativ.
Die Entscheidung, ob man lieber toter Held oder ein lebender Feigling sein möchte, ist für einige nicht so einfach. Für Atheisten zählt das Leben im hier und jetzt. Klar, was sie wählen würden.
Agnostiker möchten sich da nicht festlegen und Gläubige vertrauen auf ein Leben nach dem Tod und manche möchten dort nicht mit dem Makel eines Feiglings behaftet sein. Dann gibt es aber auch Gläubige, denen das vollkommen Wurst wäre. Das sind bestimmt nicht die Dümmsten.