Kolumne von Nadine Knobloch
Karlsruhe. Ein Tag im Hochsommer. 35 Grad. Die Frisur sitzt. Nicht. Wie sollte sie auch. Die dicke Wollmütze macht jede Art von Frisur zunichte. Die Maskenbildnerin kam erst gar nicht auf die Idee, irgendetwas zu frisieren.
Ich stehe mitten in einem Kleingartenverein in Hagsfeld. Bäume und Sträucher sind in sattes Sommergrün getaucht. Die Wildblumen blühen genauso schön und ungestüm wie die Rosen an den Gartenzäunen. „Wir machen mal kurz eine Probe!“ schallt es herüber. Ich rücke meine Mütze zurecht und zupfe an meinen Wollhandschuhen. „Okay – und bitte!“ Ich laufe den sandigen Weg entlang und versuche, mir die Markierungen einzuprägen, an denen ich halten und laut Drehbuch „besorgt“ suchen soll. Der kleine Vorsprung an der Gartengrenze eignet sich gut. Und hier die einzige Blüte, die aus dem Gestrüpp lugt. Da vorne schiebe ich mir einfach diesen Kieselstein in den Weg. „Ja, danke, fertig!“.
Die Maskenbildnerin zückt eine Handvoll Kosmetiktücher. Alles abpudern hat keinen Sinn, wenn man schweißgebadet in voller Wintermontur in der prallen Sonne steht. „Du kannst die Handschuhe ausziehen“, bekomme ich gesagt, „die brauchen wir nicht“. Während ich noch das Gesicht getrocknet bekomme, versuche ich irgendwie den Wintermantel mit Luft zu fluten, ohne den Reißverschluss zu öffnen. Dass ich darunter ein Sommerkleid trage, das in der dicken Jeans steckt, macht es wider Erwarten nicht wesentlich angenehmer als mit einem richtigen Pulli.
Und los geht’s. Wir sind ab jetzt in unserer Welt mitten im Winter, um den Jahreswechsel herum. „Denk dran, es ist kalt, windig. Du willst nicht wirklich hier draußen sein“. Den verschwitzen Gesichtern nach zu urteilen, will letzteres gerade wohl keiner... „Und, bitte!“. Ich laufe los, halte an den Markierungen, suche besorgt und rufe ein, zwei Mal. „Danke!“
Sofort kommen Maskenbildnerin und Aufnahmeleitung zu mir gespurtet mit Regenschirm als Sonnenschutz und noch mehr Kosmetiktüchern. Und abermals von vorne. Ich laufe wieder los, der Boden staubt. Mit den Winterstiefeln hat es gefühlt 200 Grad. Wieder Kosmetiktücher. Wieder Puder. Auf ein Neues. Mittlerweile ächzen die Blumen genauso in der Hitze wie ich in Wolle und Polyester. Nach diesem Take ist die Szene im Kasten. Während ich vom Set laufe, flankieren mich Aufnahmeleitung und Maskenbildnerin, reißen mir die Mütze vom Kopf und nehmen mir den Mantel ab. Neben den Produktionsfahrzeugen schäle ich mich noch aus der klebrigen Hose. Danach setze ich mich mit einer kühlen Flasche Wasser unter die Bäume und genieße die leichte Brise eines heißen Sommernachmittags in der Oberrheinischen Tiefebene.