Von Dr. House über Charité bis hin zur Schwarzwaldklinik - Geschichten rund um die weißbekittelten Halbgötter erfreuen sich stets breiter Beliebtheit. Große Emotionen, Allzumenschliches und ein gewisses Alltagsheldentum sind die Ingredienzen, die Arzt- und Krankenhaussstoffe so populär machen. „Wir hatten im vergangenen Jahr soviel mit Ärzten zu tun, da haben wir gedacht, warum nicht einmal eine Medizinkomödie spielen“, erzählt Gabi Michel vom Theater in der Orgelfabrik. Auf der Suche nach einem geeigneten Stoff für ihr zum 32. Mal stattfindenden Sommertheater waren Michel und Franco Rosa auf Jules Romains „Dr. Knock“ gestoßen, einen französischen Theaterklassiker, der hierzulande am ehesten durch eine seiner Verfilmungen bekannt ist, zuletzt mit dem „ziemlich besten Freund“ Omar Sy in der Titelrolle. Diese Verfilmung freilich ist eine flache Version von Romains bissiger Satire aus dem Jahr 1923, deren Thema die intellektuelle Verführbarkeit der Menschen ist, was in Frankreich als profetische Voraussicht der massenpsychotische Ausmaße annehmenden Begeisterung der Deutschen für die Sache der Nationalsozialisten gewertet wurde. In einem beschaulichen Dorf, das von seinem angestammten Arzt verlassen wird, platzt Dr. Knock in die Idylle. Waren die Bewohner dank der Zusprache ihres bisherigen Medizinmannes pumperlgesund, so vertritt der neue Doc die Anschauung, dass ein Gesunder nur noch nicht wisse, wie krank er wirklich sei. Eine kostenlose Sprechstunde in der Dorfgaststätte weckt die Neugier der Bewohner, die zu überzeugen Knock nicht allzu große Mühe kostet. Bald verwandelt sich der Arbeitslose zum vielbeschäftigten Mediziner und die Gastwirtschaft in ein vollbelegtes Sanatorium. „Wie gewohnt habe ich das Stück für unser Ensemble zurechtgeschrieben“, sagt Gabi Michel, diesmal sei jedoch relativ viel aus der Vorlage übrig geblieben: „Das sind so schöne Texte und Bilder, die Romain schrieb, das wäre sehr schade gewesen, sie nicht zu übernehmen.“ Einmal verfasst ist Michels Spielvorlage freilich nicht in Stein gemeiselt, sondern wird von den Spielern bei den Proben weiterentwickelt. „Wir sind wirklich eine enge, befreundete Gruppe, die gemeinsam Ideen entwickelt. Wenn es bei den Proben einmal hängt, kommen oft beim Kochen und Essen danach die besten Einfälle, die wir dann tags darauf ausprobieren“, so Michel. Am Ende freilich entscheidet Regisseur Franco Rosa: „Einmal wollten wir alles im Ensemble entscheiden, das war die pure Katastrophe“. Schließlich bürgt Rosas Handschrift für einen komischen Abend voll intelligenten Witzes, faszinierender Bilder und einen Schuss surrealistischer Skurrilität.
> 6., 7., 13., 14., 20., 21., 27. und 28. September 2019, jeweils 20 Uhr, Theater in der Orgelfabrik, Amtshausstraße 17, Karlsruhe-Durlach