Viele Radiohörer kennen seinen erzählerisch-erklärenden Ton aus den rund dreiminütigen Sendungen, in denen der 1937 in Budapest geborene frühere württembergische Landesrabbiner über Texte der Tora und des Talmud spricht. Leicht verständlich und oftmals unterhaltsam gibt Joel Berger auch in seiner jüngsten Publikation Einblicke in jüdische Lebenswelten. Nicht in die jüdische Religion, denn, so schreibt er, diese Bezeichnung „ist eigentlich schon eine christliche Interpretation, wenn unter Religion - wie üblich - eine auf Glauben gegründete Weltauffassung verstanden wird. Judentum ist eher eine Lebensauffassung, eine Lebensform, die sich im Erfüllen der jüdischen Gebote von anderen Religionen unterscheidet“. In 38 Kapiteln erzählt Berger von traditioneller und moderner Gelehrsamkeit, von Essen und Trinken, befasst sich mit Marc Chagalls Malerei ebenso wie mit ethischen Überlegungen zu Leben und Tod und - „Ehret die Quellen“ - mit der Frage: Was ist Übernahme, was ist Plagiat? Historisch Betrachtetes bezieht sich häufig auf Württemberg und Süddeutschland, etwa das Kapitel „Jüdisches zur Textilproduktion und Geschichte der Industrialisierung Württembergs“ oder der zwischen Modernisierern und Traditionalisten ausgetragene Orgelstreit von Karlsruhe, der Ende des 19. Jahrhunderts zur Gründung einer separaten Gemeinde führte. Sogar zum Einhorn und seiner Bedeutung wird man in den von Gunter Berg und Heidi-Barbara Kloos bearbeiteten Aufsätzen Joel Bergers fündig.
> Herausgegeben vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2019, 446 Seiten, 19 Euro.