Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 11.2006
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Kunst-Tüfteleien von Renate Koch

Plastikfresser und Klingelbombe

> Donnerstag, 23. Nov um 20.30 Uhr, Scenario (Tempel, Hardtsraße 37a), 20.30 Uhr. Performance mit Misha Feigin (Lesung/ Improvisation) und Renate Koch (Installationen)

"Es ist verrückt genug", sagte Jean Tinguely über die Arbeiten von Renate Koch. "Plastikfresser", "Rapunzelmaschine" oder "Klingelbombe" heißen die Tüfteleien der Karlsruherin. In sieben schwarzen Metallkugeln mit etwa 50 Zentimeter Durchmesser klappert, trommelt, scheppert es, sobald man einen Knopf drückt - "Percussionsmaschine" heißt die Installation folgerichtig. Renate Koch erklärt, wie sie funktioniert: "Im Innern der Kugel befinden sich komplizierte Mechanismen, der Bass etwa wird durch ein Teil simuliert, das laufend runterplumpst." Man drückt einen Knopf, und es geht los - fast schnoddrig erzählt sie vom "Herumbasteln, kein Ingenieur würde so arbeiten." Die Percussionsmaschine ist jedoch so durchdacht, dass sie nicht nur klingt wie ein perfektes Schlagzeug, mehr noch: Ein befreundeter Komponist aus Peru schrieb dazu die Partitur.
Ihre Rohre, Drähte, Bleche oder Badewannenfüße holt Renate Koch vom Sperrmüll oder Schrotthändlern. "Bei Oskar Lingohr", lacht sie, "er sagte mir, seine Tochter heiße auch Renate" - es ist die Fußballnationalspielerin. Die Anekdote ist typisch für die Künstlerin, denn in ihren Kunstwerken stecken einfache und vertrackte Geschichten, die Reaktionen provozieren. "Die Leute wollen haarklein wissen, wie es funktioniert und was es bedeutet und weshalb ich als Frau solche technischen Geräte baue.“ Im Kunststudium bei Otto Herbert Hajek hat sie jedenfalls auch Schweißen und Löten gelernt, „auf VDE-Vorschriften machte mich ein Bekannter aufmerksam." Und vom Schrotthändler erfuhr sie, wie ein Schwimmer aus einem LKW-Tank aussieht.
Beiläufig macht sich die 43-Jährige über den Kunstbetrieb lustig, was etwa an dem "Ableger: Fellschreiber" deutlich wird. Einige Dutzend kreisrund angeordnete Bleistifte bewegen sich, quasi als "Beinchen" einer Art Tausendfüßler über den Fußboden oder eine Papierfläche und hinterlassen dabei Spuren. Diese wiederum verändern sich mehr oder weniger zufällig, bedingt etwa durch die unregelmäßige Mechanik oder die Bodenbeschaffenheit. "Nicht ich bin der Künstler, sondern der hier", sagt Renate Koch und schaltet ihren "Fellschreiber" ein. Der "Künstler" hat nebenbei ganze Papierbahnen bemalt und somit seiner Schöpferin reichlich Arbeit abgenommen.
Ausstellungen in Moskau, Paris, Prag oder München hatte Renate Koch bereits, sie experimentierte mit Schläuchen, die sich periodisch mit Wasser füllten und an einen regelmäßigen Puls erinnerten oder mit riesigen Plastikbeuteln, die von drei lärmenden Staubsaugermotoren übermannsgroß aufgeblasen wurden, um am Ende wieder zusammenzusackten - "Ich bin der Größte", so der Titel der Installation. Irritieren und amüsieren sollen Renate Kochs Kunstwerke, allzu gerne führt sie einem hinters Licht oder spielt mit Traditionen. Bewusst verfremdet sie abgebrochene Füße alter Badewannen zu Knochen oder läßt eine Pfeife an einer Drahtmechanik hinter einer Art Milchglasscheibe tanzen. "Wenn die Arbeiten sich bewegen, kann ich sie produktiv einsetzen", lautet ein Credo von Renate Koch - es gruselt einem mitunter, etwa wenn der Schwimmer aus dem LKW-Tank (einer Boulekugel nicht unähnlich) auf unheimliche Weise in der Hand zu vibrieren beginnt. – maske