Liebe, Gewalt, Geld und eine bizarre Familiengeschichte in der Orgelfabrik > Eigentlich sollte diesmal die Adaption eines Romanes von Gabriel García Márquez auf dem Spielplan des Theaters in der Orgelfabrik erscheinen. „Wir haben schnell gemerkt, dass wir das mit unserem Ensemble nicht adäquat besetzen können und so viel hätten ändern und reduzieren müssen, dass wir einem vielschichtigen Márquez-Roman nicht mehr gerecht geworden wären,“ sagt Gaby Michel, die gemeinsam mit Franco Rosa in diesem Jahr die 31. Saison ihres sommerlichen Theaters in der Orgelfabrik begeht. „Ich habe dann trotzdem viel Márquez gelesen, bis ich so viele Figuren und Motive in meinem Kopf hatte, dass sich daraus eine Geschichte ergab, in der nun einzelne Geschichten und Personen aus dem Werk des Dichters anklingen.“ Nur komisch, dass sich Michel und Rosa mit ihrem Ensemble erst jetzt auf den kolumbianischen Literaturnobelpreisträger besinnen, der mit seinem magischen Realismus doch ganz nah an der Ästhetik des zwischen Groteske und fantastischen Elementen angesiedelten Bildertheater des Theaters in der Orgelfabrik scheint. „Ich glaube wir haben uns da bisher nicht herangetraut, weil Márquez ja selbst schon so viele Fantasien entwickelt, und wir da Angst hatten, mit dem Theater hinterher bleiben zu müssen,“ sagt Michel, „es wirkt doch viel stärker, wenn sich solche magischen Fantasien im Kopf entwickeln können, als wenn wir sie auf der Bühne zeigen und dabei viel plakativer sein müssen.“
Das von Gaby Michel geschaffene Stück „Zerbrochene Spiegel der Erinnerung“ ist nun eine Familiengeschichte, in der sich typische Motive des 2014 verstorbenen Autors verdichten. Im Zentrum der Geschichte, die mit Zeitsprüngen, Nebenhandlungen, grotesker Komik und atmosphärischen Bildern aufwartet, steht der älteste Bruder einer Geschwistergruppe, der als „Retter des Vaterlandes“ tituliert für einen vom Volk verehrten Diktator steht. „Im Grunde lauern seine Geschwister nur darauf, ihn zu erledigen, um selbst an die Macht zu kommen,“ sagt Michel. Es geht um Macht und das Geld im Hintergrund. Dabei ist die ganze Geschichte, gerade wenn man gegenwärtig nach Lateinamerika und Staaten wie Venezuela oder Nicaragua blickt, höchst virulent und tagesaktuell. „Die Bezüge liegen auf der Hand und doch ist unser nirgends konkret verortbares Stück zeitlos und könnte überall spielen, vieles zieht sich doch durch die Jahrhunderte“ so Michel. Vor allem aber darf man vom Theater in der Orgelfabrik kein trauriges Problemstück erwarten: „Es gibt zahlreiche sehr witzige Momente und ist sehr übertrieben, so dass das Publikum viel zu Lachen hat, auch wenn es immer wieder Kipppunkte gibt, an denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt.“
> 1., 7., 8., 14., 15., 21., 22., 28. und 29. September 2018, jeweils 20 Uhr, Theater in der Orgelfabrik, Karlsruhe-Durlach, Amtshausstraße 17