Die Schauburg repräsentiert mehr als nur ein Kapitel Karlsruher Kinogeschichte. Am 13. Oktober 1929 wurde sie feierlich eröffnet. Gebaut worden war das neue Lichtspielhaus mit 654 Plätzen in der Marienstraße 18 unter Einbeziehung der noch vorhandenen Räume des früheren Apollotheaters, in dem schon von 1906 bis 1919 Filme vorgeführt worden waren. Darum feiert die Schauburg in diesem Jahr zwar nicht ihr hundertjähriges Jubiläum, aber immerhin hundert Jahre Filmvorführung an der selben Adresse.
Zur Eröffnung der Schauburg wurde der noch stumme Historienfilm Ludwig II. gezeigt. Im Jahr darauf begann der Siegeszug des Tonfilms. Die aufwändige technische Umrüstung bewältigte ein Großkino wie die Schauburg leichter als die kleineren Konkurrenzkinos. 1933 begann die totale Kontrolle der Produktion, des Verleihs und des Abspiels von Filmen durch den NS-Staat. Schauburg-Gründer Willy Mansbacher wurde enteignet. Als Jude galt er auf einmal als unerwünscht. 1937 emigrierte er in die USA.
Die Schauburg wurde in eine GmbH umgewandelt, das schützte sie aber nicht davor, im Krieg in Schutt und Asche gelegt zu werden. 1949 erstand die Schauburg neu aus den Trümmern, größer und prächtiger als je zuvor, mit einem Kinosaal für tausend Personen. Hinter der Leinwand befand sich eine große Bühne, davor ein Orchesterraum für siebzig Personen. Das Kinoangebot und der Kinobesuch steigerten sich nach dem Kriegsende zusehends. Neben Hollywoodschinken lockte der deutsche Heimatfilm die Massen in die Kinos. Das absolute Rekordjahr war 1956. In die 22 Karlsruher Kinos mit insgesamt 11 626 Sitzplätzen kamen 4,5 Millionen Zuschauer.
Danach kam das Fernsehen und das Kinosterben. Zwischen 1962 und 1967 mußten elf Karlsruher Kinos schließen. Auch die Schauburg zollte dem veränderten Zuschauerverhalten Tribut. Die Galerie des großen Schauburgsaals wurde in das Cinema umgewandelt, später kam noch das kleine Bambi dazu. 1968 wurde die umgebaute Schauburg von dem deutschen Ableger der amerikanischen Cinerama-Gruppe übernommen.
Doch als die Gruppe schon zwei Jahre später in finanzielle Schwierigkeiten geriet, kündigte Willy Mansbacher, der nach dem Krieg seinen Besitz zurückerhalten hatte, den Pachtvertrag. 1971 übernahm Georg Fricker Karlsruhes letzten Kinopalast. Bei Fricker verband sich die Beherrschung des technischen Handwerks mit echten Kino-Enthusiasmus. Er hat die Schauburg zu einer einzigartigen Karlsruher Institution gemacht. Alljährlich wird die Schauburg mit der Auszeichnung des Bundesinnenministers für ein hervorragendes Jahresprogramm bedacht. Dass das so bleibt, dafür sorgt Herbert Born, der seit letztem Jahr als Nachfolger von Fricker die Geschicke der Schauburg bestimmt. Und vom 6. bis 8. Oktober wird gefeiert - mit einem 70mm-Filmfestival (siehe auch Seite 73). - ko