Aufbruchsstimmung breitet sich im Theaterhaus in der Kaiserallee aus. Nachdem das Sandkorn-Theater im September seinen Spielbetrieb eingestellt hatte (wir berichteten), soll ab Silvester wieder auf allen vier Bühnen gespielt werden. Neben dem Jakobus-Theater, das gerade sein 45-jähriges Bestehen feiert, und dem Figurentheater marotte will die neue Theaterleitung des Sandkorns durch eine verstärkte Öffnung und Umstrukturierung für frischen Wind sorgen, ohne die Wurzeln der Privatbühne vergessen zu machen.
Figurentheater marotte
Thomas Hänsel freut sich darauf, wenn es im Haus nicht mehr so ruhig ist und die Zeichen auf eine engere Zusammenarbeit der beteiligten Bühnen gesetzt werden. „Das kann ja eigentlich nur der Sinn eines Theaterhauses sein, dass man sich gegenseitig belebt und befruchtet, und dass hier immer was los ist.“ Er selbst ist mit dem vergangenen Jahr überaus zufrieden: „Die Produktionen ‚Er ist wieder da‘ im Erwachsenenspielplan und das Kinderstück ‚Ritter Trenk‘ haben richtig eingeschlagen und sind auch qualitativ sehr gut geworden.“ Die Besucherzahlen der bestausgelasteten Bühne in Karlsruhe liegen im gewohnten Bereich, auch wenn der Abendspielplan ausgebaut wurde und in seiner Regelmäßigkeit mehr und mehr angenommen wird: „Wenn ich gewusst hätte dass die Känguru-Chroniken derart erfolgreich sind, hätte ich sie bestimmt öfter angesetzt.“ Die raren Vorstellungen der „Ansichten eines vorlauten Beuteltiers“ sind über Monate hin ausverkauft und im kommenden April kann man Marc-Uwe Klings Schöpfung auch einmal bei einem Gastspiel im geräumigen Tollhaus erleben. Dort wird im kommenden Frühjahr auch wieder das Figurentheaterfestival marottinale Station machen. Zudem freut sich die marotte über Ensemblezuwachs, denn der frühere Staatstheaterschauspieler und Pubikumsliebling Sebastian Kreutz wird den Spielplan im kommenden Frühjahr mit dem Kinderstück „Piggeldy und Frederick“ und im Herbst mit “Adams Äpfel“ für Erwachsene bereichern und das kleine SpielerInnenteam etwas entlasten. > An Silvester gibt es bei der marotte um 18 Uhr eine Familienvorstellung mit „Pettersons Feuerwerk für den Fuchs“ und um 21 Uhr „Er ist wieder da“.
Jakobus-Theater
Auch beim Jakobus-Theater freut man sich auf den Neubeginn mit den neuen Kollegen. „Erik Rastetter kenne ich schon lange,“ sagt Carsten Thein von der avancierten Amateurbühne, „als ich kürzlich Günther Knappe traf, stellte sich heraus, dass er früher auch schon am Jakobus-Theater gearbeitet hatte.“ Nachdem die Schließung des Sandkorn-Theaters bekannt geworden war gab es zunächst Anrufer, die fragten, ob im ganzen Haus die Lichter ausgegangen seien: „Dass hier drei selbständige Theater spielen, ist in der Karlsruher Bevölkerung vielen nicht bewusst“, so Thein, der sich dennoch darüber freuen kann, dass der Herbst mit der fast immer ausverkauften Satire „Dänische Delikatessen“ bestens lief. Am 1. Dezember hat das Lustspiel „Der Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni Premiere. Das als Höhepunkt der italienischen Commedia dell’arte geltende Intrigenspiel verlegt der Regisseur Jürgen von Bülow allerdings vom Italien des 16. Jahrhunderts ins Amerika der 30er Jahre. „Obwohl wir eine sehr alte Übersetzung gewählt haben, haben wir schnell gemerkt, dass die Geschichte auch bestens im Mafia-Millieu funktioniert und aus dem Kaufmann ohne große Probleme der Don der Familie werden kann“, so Thein. Im kommenden Jahr plant das Jakobus-Theater nach der Wiederaufnahme des im besten Sinne boulevardesken Publikumshits „Auf und davon“ zwei Bühnenversionen von Filmstoffen, zum einen der aktuellen Generationenclash-Komödie „Wir sind die neuen“, zum anderen den im Warschauer Ghetto spielenden Ernst-Lubitsch-Klassikers „Sein oder nicht sein“ aus dem Jahr 1942. > An Silvester steht jeweils um 18 und um 21 Uhr „Der Diener zweier Herren“ auf der Bühne.
Das Sandkorn
Mit einem theatralischen Silvesterfeuerwerk will das Sandkorn sein neues Gesicht vorstellen. Nach einer leichten Namenskorrektur setzt man auf den Slogan „Theater & Mehr“. Erik Rastetter hat durchaus die Anfänge und Glanzzeiten der Bühne vor Augen, wenn er verstärkt wieder auf Kleinkunst, gesellschaftsrelevantes Theater, Theaterpädagogik und Kinder- und Jugendtheater setzt. In Eile wurde ein Januar-Spielplan mit Gastspielen zusammengestellt und als erste Eigenproduktion hat am 10. Januar das vom Theaterleiter inszenierte Kabarett „Wir schaffen das!“ Premiere. Prominentes Mitglied im Kabarettteam ist Marina „Mutti“ Tamássy, die mit ihrer Paraderolle der Kanzlerin Angela Merkel national bekannt wurde. Künftige Produktionen sollen nicht mehr in ein umfangreiches Repertoire eingehen, sondern konzentriert en suite gespielt werden. Daneben gibt es viel Raum für Gäste und Zusammenarbeiten, denn Rastetter wünscht sich das Sandkorn „als offenes Haus, das künstlerischen Kooperationspartnern eine Heimat bietet“. Auch als Schnittstelle für Projekte mit sozialer und integrativer Bindekraft wie „D!E SP!NNER!“ oder dem hauseigenen Jugendclub, der aktuell für das Stück „Die Welle“ probt, habe die Bühne eine wichtige Aufgabe. In Entwicklung ist ein erstes Jugendtheaterstück, das den Arbeitstitel „Geschwisterkinder“ trägt und von Kindern und Jugendlichen handelt, die im Schatten der familiären Aufmerksamkeit stehen, weil ein schwer krankes oder behindertes Geschwisterkind den Fokus auf sich lenkt. > An Silvester spielt das Sandkorn um 18 Uhr „Macho Man“, um 18.30 und 21.15 Uhr Markus Kapps Solo „Wir schweifen App“ sowie um 21 Uhr „Dinner for One“.