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Archiv: 07.2017
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Buchbesprechung Patrick Deville > Pest & Cholera

So unterhaltsam kann Geschichte sein! Deville portraitiert das Leben von Alexandre Yersin, dem Entdecker des Pesterregers und eines Impfstoffes gegen die Pest, auf ungewöhnliche Weise. Er schreibt keine nüchterne Biographie, vermeidet aber gleichzeitig die schwülstigen Ausschweifungen vieler historischer Romane.
Alexandre Yersin war ein begabter, vielseitig interessierter Mensch, dessen Lebensweg alles andere als geradlinig verlief. Nach ersten Erfolgen als Mitarbeiter Louis Pasteurs wäre ihm gleich eine große Karriere in der Medizin offen gestanden, doch er hatte vorerst genug vom Wissenschaftsbetrieb und reiste lieber durch Asien. Seine Bestimmung holte ihn wieder ein, als er nach China geschickt wurde, wo er den Pestbazillus identifizierte und als Erster einen Impfstoff gegen die Geißel der Menschheit entwickelte. Auch nach diesem Erfolg blieb er lieber auf seinen Ländereien in Asien, statt seine akademische Karriere voran zu treiben.
Patrick Deville erzählt mit vielen interessanten Anmerkungen am Rande der Geschichte von diesem ungewöhnlichen Mann und seiner Epoche. Dabei lässt er auch gerne zwischendurch einige geniale, leicht spöttische Anmerkungen über das damalige Umfeld einfließen. Ein interessantes Stilelement ist es, dass er zwischen drei Zeitebenen wechselt - dem alten Yersin, der im zweiten Weltkrieg gerade noch rechtzeitig aus dem von den Deutschen besetzten Frankreich zurück in seine Ländereien in Asien fliehen kann, ganz kurz auch mal Hinweise, wie es am Ort seines Wirkens heute aussieht, vor allem aber rückblickend den Werdegang dieses Mannes. Die vielen historischen Anspielungen sowie viele Fremdwörter und Namen, die er einfließen lässt, setzen ein gewisses Maß an Bildung voraus. Seine Zielgruppe sind ganz klar die historisch interessierten Leser, nicht das Massenpublikum, das sich mit Iny Lorentz oder ähnlichen Geschichtsverkitschungen zufrieden gibt.
Unionsverlag, 240 Seiten, 12,95 Euro