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Archiv: 06.2016
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Fredrik Backman > Britt-Marie war hier

Bild - Fredrik Backman > Britt-Marie war hier
Nach seinem Bestseller "Ein Mann namens Ove" widmet sich der schwedische Autor erneut einer Persönlichkeit mit sehr eigenwilligem Verhalten. Obwohl es alles andere als Comedy ist, ist es zum Brüllen komisch, geht mit einigen tief traurigen Momenten aber auch sehr zu Herzen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine Frau, die nach 40 Jahren Ehe alleine ihren Platz im Leben finden muss. Das Buch lässt die Leser oft laut auflachen, berührt aber auch sehr die Seele. Ganz ehrlich: für mich persönlich ist dies nicht nur Anwärter auf meine Wahl zum "Buch des Jahres" sondern steht jetzt sehr weit oben in der Liste meiner dauerhaften Lieblingsbücher.
Britt-Marie ordnete sich ihr Leben lang völlig ihrem Mann unter und hielt sich nur durch manische Putz- und Ordnungssucht aufrecht. Nachdem sie ihren Mann verlässt, muss sie nun einen Job als Hausmeister des Jugendzentrums in Borg annehmen. Dieser Ort ist "Eine Gemeinde, von der das Netteste, was man sagen kann, ist, dass sie sich an einer Durchgangsstraße befindet, die in zwei Richtungen wieder hinausführt." Während der Finanzkrise wurden hier Post, Supermarkt, Arztpraxis und vieles mehr geschlossen, nur für den Antrag zur Schließung des Jugendzentrums reichte die Zeit vor der Weihnachtsfeier nicht mehr.
Als Britt-Marie dort ankommt, findet sie den Ort und die Menschen furchtbar. Aber auch sie eckt durch ihre extrem harsche Art dort bei allen Leuten an. Gleich bei ihrer Ankunft wird sie von einem Fußball verletzt. Sie hasst Fußballspiele und ärgert sich über das Verhalten der Kinder im Ort.
Nichts, aber auch wirklich gar nichts verläuft so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber hatte sie überhaupt etwas erwartet? Und ist das, was geschieht, nicht auf eine für sie zuerst fremdartig verstörende Weise sogar viel besser?
Wie es dazu kommt, dass ausgerechnet Britt-Marie die Fußballmannschaft der Kinder und Jugendlichen trainiert, für die das Spiel der einzige Lichtblick in einer trostlosen Welt ist, und wie auch ansonsten sich nicht nur ihr eigenes Leben sondern auch das aller anderen Beteiligten ganz anders als erwartet entwickelt, ist eine wunderbare Geschichte mit vielen unvorhersehbaren Überraschungen. Im Vordergrund stehen die Fragen "Wie lebt man ein Leben?" und "An welche Tür klopft man am Ende?"
Vor allem aber ist es die grandiose Erzählweise und der unglaubliche Sprachwitz, der dieses Buch zu etwas Besonderem machen. Ein ganz großes Kompliment an den Autor, das Lektorat und die Übersetzerin Stefanie Werner!
Hier zitiere ich einige Sätze, die zeigen, welch stilistisch pointiertes Werk dieses herrliche Buch ist:
"Britt-Marie irrt durch das Jugendzentrum wie ein unglückseliger Geist, dessen Grab jemand geöffnet hat, um darin eine Disco aufzumachen."
"All ihre Worte zu ihm sind, als würde man im Hotel übernachten – neu und sonderbar und ein vorsichtiges Tasten über die Schalter an der Wand, die ständig andere Lampen anschalten als die, die man anmachen wollte."
"Er sagt es, als würde er ein Gebäude beschreiben, das nur aus Schokolade besteht."
Ich werde dieses Buch auf jeden Fall bei den nächsten Geburtstagseinladungen als Geschenk mitbringen. -gk
Fischer Verlag, 384 Seiten, 19,90 Euro

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