Seit die Bilder laufen lernten, ist der Film das ideale Medium um Bewegungen, Reisen, Expeditionen, Wanderungen zu dokumentieren oder in der Fiktion nachzuvollziehen. Im Rahmen der Europäischen Kulturtage zum Thema „Wanderungen“ präsentiert die Kinemathek in ihrem Kino Studio 3 in der Kaiserpassage ein Programm mit ganz unterschiedlichen Dokumentar- und Esssayfilmen aus verschiedenen Epochen zusammengestellt.
Ein Fundstück aus der Frühzeit des ethnographischen Films ist „Grass“ (9.), eine Gemeinschaftsarbeit von Merian C.Cooper und Ernest B. Schoedsack, die mit „King Kong“ Filmgeschichte schrieben. Der Film aus dem Jahr 1925 entstand bei einer Expedition durch Kleinasien und Persien auf den Spuren des mittlerweile fast vergessenen Nomadenstamms der Bachtiaren. In seinem Spätwerk „Madame L´eau“ (12.) hat der französische Filmemacher und Ethnograph Jean Rouch den Spieß umgedreht und begleitet drei ältere Herren aus dem Niger auf einer Studienreise durch die Niederlande. Sie wollen herausfinden, wie man mit Windmühlen ihr unter Wassermangel leidendes Land bewässern könnte.
Klaus Wildenhahn ist der wichtigste Vertreter des „Direct Cinema“, einer Dokumentarfilmschule, die sich die teilnehmende Zeugenschaft auf die Fahne geschrieben hat. Für seinen Film „In der Fremde“ (14.) beobachtete er 1967 zwei Monate lang das Leben auf einer abgelegenen Großbaustelle, wo die Arbeiter fern von ihren Familien die Zeit mit Arbeit, Kartenspielen und Saufen zubringen. In „Der Fluch des Igels “ (15.) begleitet der ehemalige Dorfschullehrer Dumitru Budrala 2004 ein Jahr lang das Leben der Roma in den Karpaten, die auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts am Rande der Gesellschaft unter archaischen Bedingungen ihr Leben fristen.
„Meridian oder Theater vor dem Regen“ (16.) ist ein eigenwilliges Dokument der Friedensbewegung der früher 80er-Jahre. Rüdiger Neumann reagierte auf Reagans Vorstellung eines begrenzten Atomkriegs mit einer filmischen Reise entlang des 10. Längengrads von der Riviera bis in den Norden Dänemarks, der Frontlinie eines solchen Kriegs.
Etwa zur selben Zeit durchstreifte der Schweizer Filmemacher Clemens Klopfenstein mit seiner Kamera das nächtliche, ländliche Europa auf Straßen, auf Schienen. „Transes – Reiter auf dem toten Pferd“ (19.) ist eine Hymne an die Nacht. Clemens Klopfenstein ist zu Gast bei der Kinemathek und er bringt auch noch den Kurzfilm „Die Gemmi – ein Übergang“ mit. Zum guten Schluss gibt es noch ein besonderes Schmankerl, den ersten abendfüllenden Film der HfG-Absolventin Melanie Jigl in ihrer Anwesenheit. „Eva“ (20.) ist ein rauschhaftes, spirituelles Roadmovie mit einer jungen Frau, einem riesigen Ochsen und einem Hund. Veranstaltungsbeginn ist 19 Uhr.