Der Sommer geht, die Literaturtage kommen. Die Literarische Gesellschaft ist auch bei der dritten Auflage ihrem Konzept treugeblieben. Die Literaturtage sind vor allem ein Forum und eine Leistungsschau der aktuellen Karlsruher Literaturszene. Ganz überwiegend sind es Autoren aus Karlsruhe und aus der Region, die vom 23. bis 30.September an den unterschiedlichsten Orten in die „Literatur-Offensive“ gehen.
Wie gewohnt steht am Anfang (23., 20 Uhr) ein literarisches Duell im Staatstheater Karlsruhe. Im Kleinen Haus treten unter dem Motto „Poetry Slam -Dead or Alive“ die Poetry Slammer Franziska Holzheimer, Marvin Ruppert und Ken Yamamoto gegen die modernen Klassiker Carl Einstein, Emily Dickinson und Amy Winehouse (!) an, die, da sie schon tot sind, von Schauspielern vertreten werden. Hoch hinaus zieht es am 24. (18 Uhr) die Literatenrunde. Im Pavillon auf dem Energieberg (Wikingerstr.25) werden Texte geboten, die Nostalgie und Fortschritt verknüpfen. In einer Autowerkstatt machen Markus Orths und Matthias Falke etwas ganz und gar ungewöhnliches. Sie gewähren Einblick in die 1.Version des Ersten Kapitels eines Romans, an dem sie noch schreiben oder den sie gerade fertiggestellt haben. (Autowerkstatt Baschnagel, Gottesauer Straße 26; 24., 19 Uhr).
Zur gleichen Zeit gibt es im Pavillon im Schlossgarten eine illustre Runde mit Karlsruhern und Wahlkarlsruhern, die erzählen, warum die Fächerstadt ihre Heimat war oder ist. Darunter der Journalist und Autor Alexandros Stefanidis, der dem Lokal seines Vaters, dem berühmten „Griechen“ am Berliner Platz ein Denkmal gesetzt hat. Für die musikalische Begleitung des Abends sorgt die Georgierin Lela mit ihrer Band. Hoch ist das Niveau des jungen Literaturduos Stern & Schweizer. In der Tulpenetage im Schlossturm zeichnen Esther Stern und Stefanie Schweizer ein multiperspektivisches Bild der Stadt (25., 15 Uhr). Ein Höhepunkt in jeder Hinsicht ist der Auftritt von Angelika Overath am 25. (19 Uhr) im obersten Stock der Rentenversicherung (Gartenstr.105) mit ihrem neuen Roman „Sie dreht sich um“.
Zu einer „Runde der gescheiterten Romane“ (25., 20 Uhr) lädt das Künstlerkollektiv Nordbecken in sein Domizil am Hafenbecken 1 (Nordbeckenstr.9) ein.
Eingebunden in das Literaturtageprogramm ist der altbewährte KOHI-Poetry Slam (25., 21 Uhr) im KOHI-Kulturraum am Werderplatz. Relativ früh aufstehen muss, wer am Samstag (26., 10.30 Uhr) im Kaffeehaus Schmidt (Kaiserallee 69) das Trio DichteramWort (Birgit Jennerjahn-Hakenes, Monika Miller und Norbert Willimsk) live erleben will. Zu einer Straßenbahnfahrt mit Mordsgeschichten laden am Samstagabend sieben Autorinnen und ein mutiger Autor der Textwerkstatt Tintenfrische ein. Die Abfahrt ist um 19 Uhr an der Haltestelle Konzerthaus. Eine Stunde später gibt es im Kaffeehaus Nun (Gottesauer Str.35) einen Diary Slam. Es steht jedem Besucher frei, Kostproben aus seinem mitgebrachten Tagebuch zum Besten zu geben.
Der Lyrikkurs der vhs stellt sich vor im Ulrich-Bernays-Saal (Kaiserallee 12 e), zur gleichen Zeit (27., 11 Uhr) liest Horst Koch im schönen Ambiente in der Majolika (Ahaweg 6) aus seinem brandneuen Roman „Kunst oder das Brummen des Rentierweibchens“, in dem er dem Faszinosum Kunst auf die Spur zu kommen versucht. Der Lastenaufzug der Hochschule für Gestaltung (HfG) ist der bewegliche, szenisch ausgestaltete Schauplatz der Lesungen von KLAK (Karlsruher-Literatur-Automaten-Kollektivs). Lassen Sie sich überraschen am 27. ab 18 Uhr. Die Frage „Was ist die Karlsruher Literaturszene noch wert?“ ist Thema eines Literaturtalks von AUTORiKA (27., 19 Uhr) im K 2. Vom erfolgreichen Scheitern erzählen Mitglieder der Literatenrunde in der Buchhandlung Hoser & Mende (28., 19 Uhr).
Die Schwabinger Schaumschläger Michael Sailer und Christoph Theußl sind zu Gast bei der Lesebühne „An WOrt und Stelle“ in der Badischen Landesbibliothek und geben Geschichten und Lieder mit bayrischem Akzent zum Besten. Die Ettlinger Krimiautorin Petra Busch mag es gerne blutig, auch in ihrem neuen Roman „Das Lächeln des Bösen“ um einen psychisch gestörten Rechtsmediziner (Stadtbibliothek, 29., 20 Uhr).
Zum guten Schluss kommt Wolf Wondratschek (30., 19 Uhr) ins Literaturhaus im Prinz-Max-Palais und nimmt die Besucher mit auf einen Streifzug durch sein Werk und sein Leben, ein paar Reminiszenen an seine Kindheit und Jugend in Karlsruhe inklusive. Und das ist noch nicht alles. Mehr, auch über eventuell nötige Voranmeldungen und Eintrittspreise (die meisten Veranstaltungen sind eintrittsfrei), verrät ein schön gestalteter Prospekt und die Homepage www.literaturtage.de
ko
Das Zimmermädchen Lynn“ bei den Literaturtagen
Markus Orths hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er mit der Verfilmung seines 2008 erschienenen Romans „Das Zimmermädchen“ einverstanden ist. „Das Zimmermädchen Lynn“ von Ingo Haeb kam im Frühjahr in unsere Kinos und war ein mäßiger Erfolg beim Publikum, aber ein Liebling der Filmkritik, nicht zuletzt wegen der aparten Vicky Krieps in der Titelrolle des Zimmermädchens, dass sich unter die Hotelbetten legt, um am Leben der Gäste teilzuhaben. Im Rahmen der Literaturtage ist die sperrige, eigenwillige Literaturverfilmung noch einmal am 28. (20.30 Uhr) in der Schauburg zu sehen in Anwesenheit von Autor und Regisseur, die im Anschluss an die Filmvorführung im Gespräch mit Hansgeorg Schmidt-Bergmann (Literarische Gesellschaft) und Filmkritiker Peter Kohl über die Übertragung von Literatur auf die Kinoleinwand sprechen.