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Archiv: 09.2005
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Der Unfiltrierte

Eine Idee wird 20: Rudi Vogel und sein „Vogelbräu“

Das unfiltrierte Bier an die Kundschaft zu verkaufen, war eine naheliegende Idee für Rudi Vogel, denn „jeder Bierbrauer trinkt das Bier unfiltriert“. Also wollte er seine Idee „Hausbrauerei“ mit unfiltriertem Bier umsetzen, aber so etwas gab es Mitte der 80er Jahre überhaupt nicht für das Gewerbeamt.

„Hausbrauerei´ Nie gehört,“ hieß es bei der Behörde. Es funktionierte dann doch, und Rudi Vogel etablierte seine Idee vom eigenen Bier als „Gaststätte mit Bierherstellung“ 1985 in der Karlsruher Kapellenstraße 50. Vogel hatte Praktika bei Moninger und Hoepfner absolviert, in Weihenstephan Brauerei studiert und war dann diplomierter Braumeister. Allerdings ein immer wieder arbeitsloser.
Also trat er die Flucht nach vorn an. Rückblickend sagt er, dass er damals wohl einen „Riesendusel“ gehabt haben muss, der Markt war reif für seine Idee, und er war einer der ersten, „ich glaube, bundesweit der Dritte“. Bis Konkurrenz in der Region aufkam dauerte es lange: „Die Kollegen haben das anfangs nicht ernst genommen, und haben es dementsprechend auch nicht als Konkurrenz betrachtet“. Am Anfang war das Pils, und dann kamen immer wieder neue Ideen dazu. Beliebt sind die speziellen Saisonbiere, die es jeweils nur für eine bestimmte Zeit gibt. Und die haben, sagt Vogel verschmitzt, ihr ebenso spezielles Stammpublikum. Ein Publikum, für das Biertrinken sich in den Rang einer Kulthandlung aufschwingen kann: „Wenn ich ein Doppelbock mache, da weiß ich schon ein halbes Jahr vorher, welche Gesichter ich dann wieder sehen werde“, freut er sich.
Rudi Vogel hat auch nach 20 Jahren nicht die Lust am Experimentieren verloren. Der kreative Brauer packt immer wieder was Neues an: „Wir machen ja beispielsweise ein Bier, das es nur an Helloween gibt“. Besonders spannend macht er es jedes Jahr im April mit dem „Geheimbier“. Erst wenn es eine Woche im Ausschank ist, wird verraten, wes Geistes Kind im Glas schäumt. Das kann auch mal daneben gehen. „Wir hatten einmal ein Exportbier gebraut. Als wir nach einer Woche den Leuten sagten, dass es Export ist, da wollten es nicht mehr viele trinken“. Zu Rudi Vogels kleinem Bierreich gehören inzwischen weitere Lokalitäten in Ettlingen und in Dresden, seit neuestem auch in Karlsruhe-Durlach. Die ehemalige „Ein-Mann-Brauerei“ bringt es inzwischen auf 55 feste Mitarbeiter, dazu helfen noch rund 80 „Freie“ aus.
Eine ganz wichtige Mitarbeiterin ist Rudis Frau Petra, die sich um die gesamte buchhalterische Abwicklung kümmert. „Sie war von Anfang an dabei, ist da ganz bewusst eingestiegen“, sagt Vogel, und: „die hat genau gewusst, worauf sie sich einlässt“ - und das ist für beide nicht gerade wenig, denn auch ihr 10-jähriger Sohn Lukas soll ja nicht zu kurz kommen.
Nun ist Rudi Vogel vom Bund Freiheit statt Baden-Württemberg noch eine besondere Ehre zuteil geworden, die ihm zum offiziellen Jubiläum am 12. Oktober ebenso offiziell zuteil wird: Er ist der Badener des Jahres. „Halt! Halt, habe ich zuerst gefragt. Was muss ich denn da machen. Dann haben sie gesagt, du musst nix machen, es gibt keine Amtspflichten. Ich muss also nicht nach Stuttgart fahren und dort das Badnerlied singen“, lacht Vogel, der das liberale offene Denken seiner Heimat ebenso schätzt wie die Nähe zu Frankreich. Und sich zu den Badenern zählt, die gern über den Tellerrand hinausgucken. - tz

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