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Archiv: 10.2014
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Compagnie Pré-O-Coupé

Tout est bien! Alles gut? Die Welt permanent in der Krise, Kriege überall, die Finanzen am Boden, die Wirtschaft so effizient und praktisch, dass der Mensch kaum noch Arbeit findet. „Der Mensch ist für diese Welt nicht gemacht“, sagt Nikolaus Holz. 1963 in Grötzingen geboren, beschreibt er seinen Lebensweg als ein Stolpern von Irrtum zu Irrtum. Heute lebt Holz in Paris und ist als Clown und Artist, Regisseur und Gründer der Compagnie Pré-O-Coupé einer der Protagonisten der Neuen-Zirkus-Bewegung. Mit seinem aktuellen Stück „Tout est bien!“, einer Hommage an den mit Zelt, Waggons, Sack und Pack über Land ziehenden Zirkus, feiert er vom 24. bis 26. Oktober auf dem Gelände des Alten Schlachthofs Deutschland-Premiere.

Wenig einladend wirkt das alte Zirkuszelt, schwer mitgenommen, schmuddelig, baufällig und „zu verkaufen“, wie in großen Lettern auf dem Zeltdach prangt … Doch in diesem Zirkus, der in Auflösung begriffen, ohne jeden Schmuck und prunkvolle Ausstattung wie verlassen herumsteht, passieren Wunder. Noch im Zusammenbruch bahnt sich das Staunen seinen Weg, bricht die Poesie durch den Asphalt der Katastrophe. „Das Zirkuszelt ist einzigartig, weil sich Artisten und Publikum hier in einer großen Intimität begegnen,“ sagt Holz, der diesen provisorischen und auf Vergänglichkeit angelegten Ort ganz in den Mittelpunkt seiner Inszenierung stellt, die das Publikum zum aktiven Teil werden und hautnah mit den Artisten mitfiebern lässt.

Mit einer Truppe hervorragender Artisten macht sich Holz hier auf die Spuren der Krise des kleinen Kosmos Zirkus, der freilich für nichts anderes als die Welt in ihrer Gesamtheit steht. Was macht ein Dompteur, wenn die Tiere längst verkauft wurden? Was ein Trapezkünstler, wenn hoch oben kein Trapez mehr schwingt? Was der Handstandartist, wenn man ihm die Stützen unter den Händen weggenommen hat?

„Der Zirkus ist ja von sich aus ein Ort der künstlichen Behinderung. Einfacher wäre es, auf zwei Beinen zu stehen, warum muss ich auf einer Hand balancieren? Ich bin dafür bekannt, dass ich Bälle auf Kopf, Schultern und Rücken tanzen lasse. Aber jeder Seehund kann das besser“, sagt Holz, der das Spiel mit den Handicaps und selbstauferlegten Herausforderungen in „Tout est bien!“ bis zu Absurdität auf die Spitze treibt. „Gerade dadurch, dass wir uns der gewohnten Grundbedingungen berauben, konnten wir unheimlich viel Neues entdecken.“ Wenn am Ende das Zelt fällt und sich der letzte Artist durch das Dach katapultiert, ist das Publikum nicht nur fasziniert und begeistert, sondern hat im besten Falle auch etwas über die Welt in der Krise kapiert. „Einer meiner Lehrer in der Zirkusschule hatte gefordert, dass die Leute aus einer Vorstellung mutiger herauskommen, als sie hineingegangen sind. In einer Zeit wie der heutigen muss man sich als Mensch begreifen, der die Welt verändern kann,“ sagt Holz

> „Tout est bien!“ Nikolaus & Cie. Pré-O-Coupé, Fr 24. und Sa 25. Oktober 2014, jeweils 20 Uhr, So 26. Oktober, 17 Uhr, Zelt neben dem Kulturzentrum Tollhaus, Alter Schlachthof, Karlsruhe

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