Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 09.2014
Theater, Comedy, Show Theater und Show

 

Theater in der Orgelfabrik

Spielen mit Shakespeare

„Schon die Bandbreite von den Komödien bis zu den Dramen mit politischem Hintergrund, die so klare und packende Sprache, hat es vorher und nachher nicht noch einmal gegeben.“ Wenn Gaby Michel auf Shakespeare zu sprechen kommt, gerät sie ins Schwärmen. „Alleine schon, dass auch heute nach über 400 Jahren noch keiner behaupten würde, diese Stücke seien veraltet, finde ich unglaublich.“

Das englische Theatergenie hat jedoch in der bald 30-jährigen Geschichte des von Michel und ihrem Partner
Franco Rosa ins Leben gerufenen Theaters in der Orgelfabrik eine vergleichsweise kleine Rolle gespielt. „Zum einen hätten wir uns mit unseren Mitteln nicht getraut, einen Shakespeare wirklich zu spielen, zum anderen sind wir eben ein Autorentheater, das seine Stücke selber schreibt“, sagt die erfahrene Theaterfrau, die mehrmals dazu angesetzt hatte, etwa aus den diversen Blut- und Machtgeschichten der Königsdramen ein neues Stück zu formen. Irgendwie hatte das aber nie so recht gezündet, so dass das Manuskript wieder in die Schublade wanderte. In diesem Jahr, noch pünktlich zum Shakespeare-Jahr anlässlich des 450. Geburtstags, soll der Mann aus Stratford nun doch in den Mittelpunkt rücken. Aber wer war dieser Kaufmannssohn überhaupt, war er selbst der geniale Autor der unter seinem Namen überlieferten Werke oder nur ein geschäftstüchtiger Theaterbesitzer, Schauspieler und Strohmann eines im Verborgenen Gebliebenen. Seit Jahrhunderten blühen darüber die wildesten Gerüchte und Theorien, die freilich nichts beweisen und kaum wirklich etwas erhellen.

Doch im Verlauf der Stückvorbereitungen kam auch Gabi Michel ins Grübeln: „Als Ausgangssituation hatten wir anfangs lediglich die Idee einer Theatertruppe, die Hamlet probt. Über das Internet stieß ich jedoch schnell auf die verschiedenen Verschwörungstheorien, bestellte mir diverse Bücher zum Thema, und je mehr ich las, umso faszinierter war ich von diesem Rätsel.“ Vor allem davon, was es von Shakespeare nicht gibt, war sie beeindruckt. Obwohl die Shakespeare-Stücke von Anfang an bei Hofe gespielt wurden und den Schauspielern dafür viel Ruhm zuteil wurde, ist kein einziges Manuskript überliefert. Wenn Shakespeares Name zu Lebzeiten genannt wurde, dann meist als Schauspieler; von eigener Hand gibt es gerade eine Handvoll Unterschriften, und einen Nachruf auf einen erfolgreichen Theaterautor Shakespeare sucht man vergebens. Gründe genug, Zweifel an der wahren Autorenschaft zu hegen, weswegen der Abend des freien Sommertheaters denn auch mit „Shakespeare oder nicht Shakespeare“ überschrieben ist. „Wir nähren die Zweifel, aber letztlich lassen wir die Frage am Ende natürlich offen“, sagt Gabi Michel über ihr neues Stück, das wieder auf die Vergnüglichkeit des Theaters auf dem Theater setzt. „Das wird sehr lustig und spannend, aber auch ein bisschen melancholisch, weil man ja durchaus Mitleid mit dem möglichen Urheber haben kann, dessen eigentliche Lorbeeren auf dem Grab eines anderen abgeladen werden. jf

> Theater in der Orgelfabrik, Karlsruhe-Durlach, Amtshausstraße 17; 05., 06., 12., 13., 20. und 27. September 2014, jeweils 20 Uhr

Orgelfabrik Durlach

Amthausstr. 17

76227 Karlsruhe

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